Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

& 80. Die Seeschiffahrt und die Wasserstraßen. 269 
straßen, welche Staatseigentum sind!). Diese Bestimmungen wurden 
durch das Gesetz vom 24. Dezember 1911 (Reichsgesetzbl. S. 1137) ge- 
strichen und durch folgende auf die Seeschiffahrt und Binnenschiff- 
fahrt gleichmäßig anwendbare Vorschriften ersetzt: 
1. Auf natürlichen Wasserstraßen dürfen Abgaben nur für 
solche Anstalten (Werke und Einrichtungen) erhoben werden, die zur 
Erleichterung des Verkehrs bestimnit sind?). 
2. Die Höhe der Abgaben darf bei staatlichen und kommunalen 
Anstalten die zur Herstellung und Unterhaltung erforderlichen Kosten 
nicht übersteigen. Als Kosten der Herstellung gelten die Zinsen und 
Tilgungsbeträge für die aufgewendeten Kapitalien. Wenn die Anlagen 
auch zur Förderung anderer Zwecke und Interessen als zur Erleich- 
terung des Verkehrs dienen?) dürfen die Herstellungs- und Unter- 
haltungskosten nur zu einem verhältnismäßigen Anteil durch Schiff- 
fahrtsabgaben aufgebracht werden. 
3. Diese Vorschriften finden auch Anwendung auf die Abgaben, 
die für künstliche Wasserstraßen und für Anstalten an solchen, 
sowie in Häfen erhoben werden. 
4. Der Bemessung von »Befahrungsabgaben« können im Bereiche 
der Binnenschiffahrt die Gesamtkosten für eine Wasserstraße, ein 
Stromgebiet oder ein Wassernetz zugrunde gelegt werden; also für 
einen Strom und seine schiffbaren Nebenflüsse und anschließenden 
Kanäle. 
5. Auf die Flößerei finden diese Bestimmungen insoweit An- 
wendung als sie auf schiffbaren Wasserstraßen betrieben wird‘). 
6. Für die Stromgebiete des Rheins, der Weser und der Elbe sind 
die Staaten, deren Gebiete von diesen Strömen und schiffbaren Neben- 
flüssen durchflossen werden, zustromverbänden vereinigt, denen 
die Herstellung von Fahrwassertiefen, Kanalisierung, Herstellung von 
Schiffahrtsstraßen nach näherer Anordnung des Art. II des Gesetzes 
obliegt®. Die Verwaltung liegt Ausschüssen der Strombauverbände 
1) Für den Nordostseekanal ist besondere reichsgesetzliche Regelung 
vorbehalten durch das Reichsgesetz vom 16. März 1886, 5'3 (Reichsgesetzbl. S. 58). 
Vgl. das Gesetz über den Gebührentarif für den Kaiser-Wilhelm-Kanal vom 8 Juni 
1912 (Reichsgesetzbl. S. 377). 
2) Es brauchen also nicht mehr „besondere“ d. h. vom Flußlauf getrennte An- 
stalten zu sein; sondern Abgaben dürfen auch erhoben werden, wenn durch Fluß- 
korrektionen, Regulierungen, Baggerungen, Entfernung von Hindernissen und dergl. 
der Schiffahrtsverkehr erleichtert werden sollte. Die Unterscheidung der Anstalten 
in Werke und „Einrichtungen“ hat den verborgenen Sinn, daß auch für nicht körper- 
liche Anstalten, z. B. die Strom- und Hafenpolizei, Abgaben erhoben werden dürfen. 
Die umfangreiche Literatur über den Begriff der besonderen Anstalten und über die 
Zulässigkeit der Erhebung von Befahrungsabgaben auf den regulierten Flüssen 
nach dem ursprünglichen Wortlaut des Art: 54 Abs. 4 hat durch das Gesetz vom 
24. Dez. 1911 die praktische Bedeutung verloren. 
3) Z.B. zu Landesmeliorationen, landwirtschaftlichen oder industriellen Interessen. 
4) Reichsverfassung Art. 54 Abs. 7. 
5) Die Strombauverbände sind Zwangsverbände, deren Mitglieder und
	        
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