Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

278 8.81. Die Medizinal- und Veterinärpolizei. 
werden. Sie können bestehen in der Beobachtung kranker und krank- 
heits- oder ansteckungsverdächtiger Personen; einer Meldepflicht hin- 
sichtlich der aus verseuchten Orten zureisenden Personen; in der Ab- 
sonderung kranker und krankheits- oder ansteckungsverdächtiger Per- 
sonen; in der Beschränkung des Verkehrs mit Gegenständen, welche 
geeignet sind, die Krankheit zu verbreiten und im Verbot des Hau- 
sierens, der Abhaltung von Märkten und Messen; in der Beschränkung 
des Schiffahrts- und Flößereiverkehrs auf bestimmte Tageszeiten und 
der gesundheitspolizeilichen Ueberwachung der in diesen Gewerben 
und sonstigen Transportbetrieben beschäftigten Personen; in der Fern- 
haltung jugendlicher Personen aus Behausungen, in denen Erkran- 
kungen vorgekommen sind, vom Schulbesuch; in dem Verbot oder 
der Beschränkung der Wasserbenutzung; im Notfall in der gänzlichen 
oder teilweisen Räumung von Wohnungen und Gebäuden und in der 
Desinfektion !). Die Ausführungsbestimmungen, insbesondere über die 
Desinfektion, sind vom Bundesrat zu erlassen (8 22)°?). Der Reichs- 
kanzler ist befugt, Vorschriften zur Verhütung der Einschleppung 
der erwähnten Krankheiten anzuordnen (8 24, 25). Für die durch 
die erwähnten Schutzmaßregeln entstehenden Beschädigungen wird, 
sofern dem Beschädigten nicht eine Verletzung der Schutzvorschriften 
zur Last fällt, aus Öffentlichen Mitteln Ersatz gewährt’). Die Gemein- 
den sind verpflichtet, für die Beseitigung der Mißstände zu sorgen, 
welche an den dem allgemeinen Gebrauch dienenden Einrichtungen 
für Versorgung mit Trink- oder Wirtschaftswasser und für Fortschaf- 
fung der Abfallstoffe von den zur Ueberwachung dieser Einrichtungen 
bestellten, staatlichen Beamten vorgefunden werden ($ 35). 
Die Ausführung des Gesetzes, die Anordnung und Leitung der Ab- 
wehr- und Unterdrückungsmaßregeln, liegt den Behörden der Ein- 
zelstaaten ob, welche verpflichtet sind, sich hierbei gegenseitig zu 
unterstützen *); der Reichskanzler hat die Ausführung des Ge- 
1) Die näheren Vorschriften sind in den 8$ 11—21 enthalten. Die Gemeinden 
und Kommunalverbände können von den Landesbehörden angehalten werden, die 
zur Bekämpfung der Seuchen erforderlichen Einrichtungen zu treffen. Vgl. die Aus- 
führungsbestimmungen des Bundesrats Ziff. I u. II. 
2) Diese sehr ausführlichen Bestimmungen sind enthalten in der Bekanntma- 
chung vom 11. April 1907 (Reichsgesetzbl. S. 95). Ferner hat der Bundesrat Vor- 
schriften über das Arbeiten und den Verkehr mit Krankheitserregern, ausgenommen 
Pesterregern, beschlossen. Bekanntmachung vom 4. Mai 1904 (Reichsgesetzbl. S. 159). 
3) Die Grundsätze über die Entschädigungen enthält das Gesetz in den $$ 28 ff.; 
jedoch mit einem weitreichenden Vorbehalt für die landesrechtliche Regelung im $ 34. 
4) Jedoch sind die Militär- und Marinebehörden zuständig, soweit die Schutz- 
maßregeln Militärpersonen, welche dem aktiven Heer oder der aktiven Marine ange- 
hören oder in militärischen Dienstgebäuden oder der Kriegsmarine angehörigen 
Schiffen untergebracht sind, oder marschierende Truppenteile und deren Ausrüstungs- 
und Gebrauchsgegenstände, sowie die ausschließlich von der Militär- oder Marine- 
verwaltung benutzte Grundstücke und Einrichtungen betreffen. $ 39. Für den Eisen- 
bahn-, Post- und Telegraphenverkehr und für Schiffahrtsbetriebe, welche im Anschluß
	        
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