Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

& 82. Die Arbeiterversorgung. Unfallversicherung. 309 
auferlegte Obligation gegen den Arbeiter, sondern eine öffentliche Last, 
die an den Betrieb eines »versicherungspflichtigen« Gewerbes in der 
Art einer öffentlichen Abgabe oder Beisteuer geknüpft ist und eben- 
so wie zahlreiche andere öffentliche Lasten in der Gestalt der 
Mitgliedschaft bei einer mit der betreffenden staatlichen Auf- 
gabe betrauten Genossenschaft zur Erfüllung gelangt. 
Diese vollkommene Loslösung der Versorgung von dem zwischen 
dem Betriebsunternehmer und dem Arbeiter bestehenden Rechtsver- 
hältnis gestattet es, die Wohltat der Unfallversicherung auch auf die- 
jenigen Betriebsunternehmer selbst auszudehnen, deren soziale Lage 
von derjenigen der Arbeiter nicht wesentlich verschieden ist, so daß 
in diesen Fällen eine und dieselbe Person zugleich versorgungsberech- 
tigt und beitragspflichtig ist. 
Durch die öffentlichrechtliche Beitragspflicht wird der Betriebs- 
unternehmer seinen Arbeitern gegenüber von der privatrechtlichen 
Haftung für Betriebsunfälle, insoweit eine solche gesetzlich be- 
gründet ist, entlastet‘). Ausgenommen ist allein der Fall, daß gegen 
den Betriebsunternehmer (oder seinen Bevollmächtigten, Vertreter, 
Betriebs- oder Arbeiteraufseher) durch strafgerichtliches Ur- 
teil festgestellt worden ist, daß er den Unfall vorsätzlich her- 
beigeführt habe. In diesem Falle steht dem Verletzten (oder seinen 
Hinterbliebenen) gegen den Betriebsunternehmer der Anspruch auf 
denjenigen Betrag zu, um welchen seine (privatrechtliche) Forderung 
auf Entschädigung seinen (öffentlichrechtlichen) Anspruch aus der Un- 
fallversicherung übersteigt. 88 898 ff. ?). 
Dagegen wird die Haftung dritter Personen, welche den Un- 
fall vorsätzlich herbeigeführt oder durch Verschulden verursacht haben, 
durch die Unfallversicherung nicht berührt; sie bestimmt sich nach 
den bestehenden gesetzlichen Vorschriften °. Nur geht die Forderung 
der Entschädigungsberechtigien an den Dritten auf die Genossenschaft 
insoweit über, als die Verpflichtung der letzteren zur Unfallfürsorge 
begründet ist. $ 1542. 
Zu den bestehenden gesetzlichen Vorschriften gehört insbesondere 
auch das Haftpflichtgesetz vom 7. Juni 1871 (Reichsgesetzbl. S. 207) in 
1) Vertragsmäßig begründete, privatrechtliche Verpflichtungen zur Ent- 
schädigung der von Betriebsunfällen betroffenen Arbeiter bleiben unberührt, soweit 
nicht GU. $ 143 Platz greift. Vgl. das Urteil des Reichsgerichts vom 14. Mai 1887. 
Entscheidung in Zivilsachen Bd. 19, S. 77 ff. PilotyL]S. 148 ft. 
2) Andererseits haftet der Betriebsunternehmer, gegen welchen durch strafge- 
richtliches Urteil festgestellt ist, daß er den Unfall vorsätzlich oderdurch 
Fahrlässigkeit herbeigeführt hat, den Gemeinden, Armenverbänden, Kranken- 
kassen, Knappschaftskassen, Ersatzkassen, Sterbe- und anderen Unterstützungskassen 
für diejenigen Aufwendungen, welche sie infolge des Unfalls auf Grund der Arbeiter- 
versicherungsgesetze gemacht haben. Der Genossenschaft haftet er für deren Auf- 
wand auch ohne strafgerichtliche Feststellung 88 903 ff. 
3) Vgl. Pilotyl], S. 145.
	        
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