340 8 82. Die Arbeiterversorgung. Invalidenversicherung.
Die Beiträge sind für alle Versicherungsanstalten gleich und werden
vom Bundesrat einheitlich festgesetzt, und zwar zunächst für die
Zeit bis zum 31. Dezember 1920, dann immer für zehn Jahre weiter.
Aenderungen bedürfen der Zustimmung des Reichstages (8 1388) }),
Die Rechnungsstelle des Reichsversicherungsamts prüft vorher, ob die
Beitrage ausreichen ($ 1391 Abs. 1). Zur Festsetzung der Höhe der
Beiträge wird für die Gesamtheit aller Versicherten der jährliche
Durchschnittsbeitrag berechnet und derselbe so bemessen, daß
der Wert aller künftigen Beiträge samt dem Vermögen den Betrag
deckt, der nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung mit Zins und Zinses-
zins erforderlich ist, um alle zukünftigen Aufwendungan der Ver-
sicherungsanstalten zu bestreiten. Die Abstufung der Beiträge nach
Lohnklassen soll in der Art erfolgen, daß für jede Lohnklasse die
Renten, Witwengelder und Waisenaussteuern in der für die Lohn-
klasse vorgesehenen Höhe in Ansatz kommen ($ 1389, 1390)?).
Die wöchentlichen Beiträge sind für die fünf Lohnklassen gegen-
wärtig auf 16, 24, 32, 40, 48 Pfennig festgesetzt.
6. Die Anwartschaft auf die Rente ist außer durch die
Leistung von Beiträgen durch eine Wartezeit bedingt; sie beträgt
bei der Invalidenrente, wenn mindestens 100 Beiträge auf Grund der
Versicherungs pflicht geleistet worden sind, 200 Beitragswochen;
andernfalls — also bei freiwilliger Versicherung — 500 Beitragswochen;
bei der Altersrente beträgt sie ohne Unterschied zwischen notwendiger
und freiwilliger Versicherung 1200 Beitragswochen ($ 1278). Die für
die freiwillige Versicherung geleisteten Beiträge kommen auf die Warte-
zeit für die Invalidenrente nur dann zur Anrechnung, wenn mindestens
100 Beiträge auf Grund eines die Versicherungspflicht oder die Berech-
tigung zur Selbstversicherung begründenden Verhältnisses geleistet
worden sind (8 1279)2); nur bei dem Vorhandensein dieser Voraussetzung
kommt daher die Weiterversicherung für die Wartezeit in Anrech-
nung. Als Beitragswochen werden sowohl bei Berechnung der Warte-
zeit als der Höhe der Rente diejenigen vollen Wochen, ohne daß Bei-
träge entrichtet zu werden brauchen, in Anrechnung gebracht, während
deren der Versicherte Militärdienste leistet, oder wegen bescheinigter,
mit Arbeitsunfähigkeit verbundener Krankheit an der Fortsetzung
seiner Berufstätigkeit verhindert gewesen ist ($ 1393). Die Anrech-
nung erfolgt nur bei solchen Personen, welche vor den in Rede
entfernt sich ganz von dem Grundsatz des individuellen Risikos, welches das Grund-
prinzip der privatrechtlichen Versicherung ist.
1) Es ist aber nicht die Gesetzesform vorgeschrieben. Die Zustimmung des
Reichstages kann der Festsetzung durch den Bundesrat vorausgehen oder nachfolgen.
2) Dieses System ist in der Reichsversicherungsordnung an die Stelle des Ka-
pitaldeckungssystems getreten, welches das Invalidenversicherungsgesetz von 1889
& 32, Abs. 2 angenommen hatte.
3) Für eine Uebergangszeit von 4 Jahren kommen diese Beschränkungen nicht
zur Anwendung. 8 1279, Abs. 2.