Dao deutsche Reich und seine rinzelnen Glieder. (Febr. 4.) 55
wegen Wiederabtreiung der nördlichen Districke Schleswigs an Täuemark
nicht auf Veranlassung der österreichischen Regierung in das Prager Frieden=
instrument aufgenommen worden sei. Diese Bestimmung existire indessen,
und sie lasse Oesterreich gewissermassen als Sachwalter für ein Interesse er-
scheinen, zu dessen Vertretung es ohne dieselbe sich nicht den Veruf zuschrei-
ben würde. Neuerlich habe aber Fürst Bismark ausbrücklich betont, daß
Oesterreich allein legitimirt sei, die Erfüllung des Art. Prager Ver-
trages zu verlangen. Diese öffenkliche Erklärung habe ** ruch den Zweck
gehabt, es nicht zu einer Intervention dritter Mächte in dieser Angelegen-
heit kommen zu lassen. Dei längerem Offenhalten der Frage könnte jedoch
dieser Zweck, dem Oeslerreich sich vollkommen anschließe, leicht verfehlt wer-
den, und die österreichische MRegierung finde sich deshalb verpflichtet, den in
Nede stehenden Punkt des Friedensvertrages in diesem Sinne vertraulich in
Auregung zu bringen. Die preußische Regierung hat in der That seit dem
Jahre 1867 wiederholt versucht, durch vertrauliche Verständigung, mit der
däuischen Regierung die Grundlagen für die Ausführung des Art. V zu ge-
winnen. In einer Depesche des preußischen Gesandten in aennn an
den däuischen Minister vom 18. Inni sind als unerläßliche Vorfragen die
nöthigen Bürgschaften für den Schuß der in dem abzutretenden Gebiet woh-
nenden Deutschen und die Uebernahme eines verhältuißmäßigen Antheils an
der Schuldenlast der Herzogthümer bezeichnet. Anstatt der gehofften Er-
klärungen hierüber hatte die dänische Regierung nur auf die bestehenden
Gesetze und Verträge cingewiesen, neben denen jede weitere Bürgschaft über-
flüssig sein würde. Die preußische Depesche dagegen erinnerte daran, daß
die Ursachen der Störung des in früheren Zeiten bestandenen guten Einver-
nehmens hauptsächlich in dem Umstande lagen, daß die dänische Regierung
nach der Umgestaltung der älteren Verfassung der Monarchie nicht mehr im
Stande war, den deutschen Unterthanen der dänischen Krone denselben Schuß
ihrer Nationalilät und Sprache zu gewähren, dessen dieselben sich ehemals
erfreut hatten. Zur Sicherstellung der von beiden Seiten erstrebten freund-
schaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Dänemark sei es daher
rathsam, nicht von Neuem die Keime ähnlicher Zerwürfnisse zu legen, wie
es diejenigen waren, welche früher den Frieden deider Länder und dadurch
den Enropa's gefährdeten. Demgemäß werde die ausdrückliche Anfrage an
die däuische Regierung gerichtet, ob sie sich im Stande glaube, Einrichtungen
zu treffen und Maßregeln in Aussicht zu stellen, welche für den Schuh und
die Sicherung der nationalen Eigenthünhlichreik der in den etwa abgetretenen
Gebietstheilen einzeln oder in Gemeinden wohnenden Deutschen bestimmte
Bürgschaften geben, und welcher Art, in individueller, lokaler und kommu-
naler Beziehung, diese Garantien sein würden? Je mehr die brenßische
Regierung wünsche, durch den Abschluß dieser Augelsgenheit sowohl der
Stimmung der Bevölkerung Rechnung zu tragen, als auch der dänischen
Regierung einen Beweis ihrer freundschaftlichen Gesinnung zu geben, um so
mehr müsse sie erwarten, daß die letztere durch ein entsprechendes Entgegen-
kommen ihr die Beschleunigung Mmöglich machen werde. Während die auf
diesem Boden geführten Verhandlungen sich immer aufs Neue u|6 aussichts-
los erwiesen, erneuerten sich andererseits unablässig die Versuche, innerhalb
der Bevölkerung Nord-Schleswig's unberechtigte Ansprüche und Erwartungen
und damit zugleich einen Gegensah gegen die rechtlich und thatsächlich be-
stehenden Verhältnisse zu nähren. Jahr aus Jahr ein wiederholten sich die
Proteste und die Eidesverweigerung der in den nordschleswig'schen Bezirken
gewählten Abgeordneten gegenüber der preußischen und deutschen Reichsver-
Eassung, — und bei jeder in Europa ausfsteigenden Verwickelung wiesen die
Gegner des deutschen Reichs auf die nordschleswig'sche Frage als auf einen