Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

346 8 82. Die Arbeiterversorgung. Invalidenversicherung. 
den von den Landesregierungen für einen oder mehrere weitere Kom- 
munalverbände (Kreise, Bezirke, Provinzen) oder für das Gebiet des 
Bundesstaates errichtet; auch können sich mehrere Bundesstaaten 
zur Errichtung einer gemeinsamen Versicherungsanstalt vereinigen }), 
Die Errichtung der Versicherungsanstalten bedarf der Geneh- 
migung des Bundesrates, welcher nötigenfalls die Errich- 
tung anordnen kann (8 1327)?). Die Versicherungsanstalt umfaßt alle 
in ihrem Bezirke Beschäftigten, die nicht in Sonderanstalten ihrer 
Versicherungspflicht genügen ($ 1329). Die Aenderung der Bezirke 
kann nur mit Genehmigung des Bundesrats erfolgen; zur Zusammen- 
legung, Teilung oder Aufhebung einer Versicherungsanstalt ist die Zu- 
stimmung des Reichstags erforderlich ($ 1332 fg... Die Versicherungs- 
anstalt haftet mit ihrem Vermögen ihren Gläubigern; soweit dasselbe 
zur Deckung ihrer Verpflichtungen nicht ausreicht, haftet der Kom- 
munalverband, für welchen die Versicherungsanstalt errichtet ist, und 
im Unvermögensfall desselben oder wenn die Anstalt für den Bundes- 
staat errichtet ist, der Bundesstaat ($ 1402)°). Die Versicherungsan- 
stalt darf andere als die in diesem Gesetz ihr übertragenen Geschäfte 
nicht übernehmen und ihr Vermögen darf zu andern als in diesem 
Gesetz vorgesehenen Zwecken nicht verwendet werden ($ 25). Für 
jede Versicherungsanstalt ist ein Statut zu errichten, welches von dem 
Ausschuß beschlossen wird und zu seiner Gültigkeit der Genehmigung 
des Reichs- (oder Landes-) Versicherungsamtes bedarf ($ 1338 ff.) ?). 
Die Verfassung der Versicherungsanstalt ist in folgender Weise 
geregelt: 
1) Außer den Versicherungsanstalten sind für versicherungspflichtige Personen, 
welche in Betrieben des Reiches, eines Bundesstaates oder 
eines Kommunalverbandes beschäftigt werden, besondere Kassen- 
einrichtungen (Pensions-, Alters-, Invalidenkassen) zugelassen, wenn durch sie 
eine den reichsgesetzlichen Leistungen gleichwertige Fürsorge gesichert ist. Die 
Kassen müssen vom Bundesrat anerkannt werden. Die Beteiligung bei einer 
solchen Kasse wird der Versicherung bei einer Versicherungsanstalt gleichgeachtet; 
auch wird für die von den Kassen zu zahlenden Renten der Reichszuschuß gewährt. 
88 1360 ff. Ferner kann durch Beschluß des Bundesrats der Seeberufsgenos- 
senschaft gestattet werden, die Invalidenversicherung für diejenigen Personen 
zu übernehmen, welche in den zur Genossenschaft gehörenden Betrieben beschäftigt 
werden und für solche Unternehmer, welche gleichzeitig der Unfallversicherung und 
der Invalidenversicherung unterliegen. Die Seeberufsgenossenschaft muß aber, um 
dieses Recht zu erlangen, zugleich eine Witwen- und Waisenversorgungsanstalt er- 
richten. 8 1375. Nachdem die Satzung mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang 
gebracht worden, ist die „Seekasse* vom 1. Januar 1912 ab als Sonderkasse zuge- 
lassen. Vgl. Stier-Somlo, Handausgabe S. 988. 
2) Es sind 31 Anstalten im Reichsgebiete errichtet worden. Das Verzeichnis 
derselben im Zentralblatt des Deutschen Reichs 1890, S. 53. 
3) Für gemeinschaftliche Anstalten haften die Staaten nach Verhältnis der Be- 
völkerungsziffer der Bezirke, mit welchen sie beteiligt sind. 
4) Gegen die Versagung der Genehmigung findet Beschwerde an den Bundesrat 
statt. 8 1340 fg. Die gleichen Vorschriften gelten von Statutenänderungen.
	        
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