Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

8 84. Die ordentliche streitige Gerichtsbarkeit. 393 
diese Gesandtschaften diein den 88 19 und 20 des Gerichtsverfassungs- 
gesetzes aufgestellten Regeln. 
c) Die Mitglieder des Bundesrates haben gemäß Art. 10 der Reichs- 
verfassung Anspruch auf den üblichen diplomatischen Schutz, d. h. 
sie sind, soweit sie nicht preußische Staatsangehörige sind, der preu- 
Bischen Staatsgewalt gegenüber exterritorial und wie Gesandte der 
deutschen Bundesstaaten beim König von Preußen anzusehen !). 
Demgemäß sind sie auch von der preußischen Gerichtsbarkeit in glei- 
chem Umfange wie diplomatische Geschäftsträger dieser Art befreit. 
Ihr allgemeiner Gerichtsstand bestimmt sich nach 815 der Zivilprozeß- 
ordnung und dem entsprechenden $ 11 der Strafprozeßordnung. 
2. Befreiungen ausGründen des Staatsrechts. 
a) Aus dem Wesen des Monarchenrechts folgt, daß die Behörden 
des Staates gegen den Landesherrn keine staatlichen Herrschafts- 
rechte und Zwangsmittel zur Anwendung bringen können, und daß 
es daher grundsätzlich eine Gerichtsbarkeit des Staates über den Sou- 
verän nicht gibt’. Dies gilt aber nicht von den vermögens- 
rechtlichen Verhältnissen des Monarchen, indem das Vermögen 
von der Person getrennt gedacht und dem Landesherrn in ähnlicher 
Art gegenübergestellt wird wie der Fiskus dem Staat als öffentlich- 
rechtlicher Persönlichkeit. Die vermögensrechtlichen Verhältnisse 
stehen unter der allgemeinen Rechtsordnung und unterliegen auch 
hinsichtlich der Verfolgung von Rechtsansprüchen im allgemeinen 
dem sonst geltenden Recht. Indes sind hinsichtlich des Gerichts- 
standes oder hinsichtlich der Zusammensetzung der zur Entscheidung 
solcher Streitigkeiten berufenen Gerichtsbehörden in manchen Staaten 
besondere Vorschriften ergangen, und es ist bisweilen hinsichtlich der 
familienrechtlichen Verhältnisse und Streitigkeiten die Zuständigkeit 
der Gerichte ausgeschlossen °). Diese Sonderstellung der Landesherren 
und ihrer Familien hat die Reichsgesetzgebung fortbestehen lassen und 
sie gemäß der bundesstaatlichen Einigung der deutschen Staaten nicht 
nur für jeden Landesherrn und seine Familie innerhalb seines Staats- 
gebietes, sondern im ganzen Bundesgebiet zur Geltung ge- 
1) Vgl. Bd. 1, S. 244. Dies ist von v. Bar S. 652, Note 36 übersehen worden. 
2) In der ersten Auflage dieses Werkes war dieser Grundsatz auch auf die Mit- 
glieder der landesherrlichen Familie erstreckt worden, was von G.Meyer, Gierke, 
Binding sehr nachdrücklich als ein Irrtum bezeichnet worden ist. Unrichtig war 
es aber nur, diese Befreiung aus dem Wesen des Monarchenrechts abzuleiten; tat- 
sächlich kann infolge der reichsgesetzlichen Anordnungen durch die Hausge- 
setze jede staatliche Gerichtsbarkeit über die Mitglieder der landesherrlichen 
Häuser in Strafsachen ausgeschlossen und z. B. durch die Familiengewalt des Fami- 
lienoberhaupts ersetzt werden. Richtig v. Kries, Strafprozeßrecht S. 84, 88. 
3) Vgl. das Urteil des Reichsgerichts vom 12. Dezember 1884. Entscheidungen 
in Zivilsachen Bd. 12, S. 418 ff. Eine Uebersicht über die in den Einzelstaaten gel- 
tenden Rechtsvorschriften gibt Kleiner, Kommentar zur Zivilprozeßordnung I, 
S. 108 ff.; vgl. auch Hellmann, Lehrbuch des Zivilprozesses S. 65; Hellwig, 
System & 25.
	        
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