Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

422 8 87. Die Verpflichtung zur Rechtshilfe. 
keit der zu leistenden Rechtshilfe ausschließlich die Gerichte des Staates, 
welchem das ersuchte Gericht angehört, im geordneten Instanzenzuge 
entscheiden (Gesetz 8 38). Das Reichsgericht ist nicht zuständig. 
2. Das Reichsgesetz vom 9. Juni 1895 (Reichsgesetzbl. 
S. 256) legt die Pflicht zur Rechtshilfe den Behörden, nicht bloß den 
Gerichten, verschiedener Bundesstaaten auf zum Zweck der Erhebung 
und Beitreibung von Zöllen, Steuern, Öffentlichen Abgaben aller Art 
und zur Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens wegen Zuwider- 
handlungen gegen die Vorschriften über Erhebung dieser Abgaben, 
sowie zum Zweck der Vollstreckung von Vermögensstrafen, welche 
durch polizeiliche Verfügung oder durch Bescheid eines deutschen 
Seemannsamts festgesetzt worden sind. Für die zu leistende Hilfe be- 
steht der Grundsatz, daß die Voraussetzungen der Beistandsleistung 
und die Vollstreckbarkeit des Anspruchs sich nach den für die er- 
suchende Stelle maßgebenden Vorschriften richten; dagegen die Art 
und Weise der Beistandsleistung nach den am Orte der Vollziehung 
geltenden Bestimmungen. Demgemäß hat die ersuchende Stelle die 
Vollstreckbarkeit in dem Ersuchungsschreiben zu bescheinigen und 
die Entscheidung über Einwendungen, welche den Anspruch selbst 
oder die Vollstreckbarkeit betreffen, wird von den Behörden desjenigen 
Staates, dem die ersuchende Stelle angehört, getroffen. Dagegen ent- 
scheiden die zuständigen Behörden desjenigen Staates, welchem die 
ersuchte Stelle angehört, über die Zulässigkeit des Beistandes, über die 
Versagung desselben, wenn eine Handlung verlangt wird, welche von 
der ersuchten Behörde zu diesem Zweck nicht vorgenommen werden 
darf, und über Einreden, welche die Art und Weise der Beistands- 
leistung betreffen (Gesetz 8$ 2—6). Im Falle der Beistandsgewährung 
sind der ersuchten Behörde die baren Auslagen zu erstatten; weitere 
Kosten hat die ersuchende Behörde nicht zu zahlen ($ 9). 
3. Das erwähnte Gesetz findet auch Anwendung auf die Beitreibung 
von Geldstrafen, welche gemäß $ 101 der Seemannsordnung durch 
Bescheid eines deutschen Seemannsamts im Auslande festgesetzt worden 
sind ($10) und auf die Beitreibung von Gebühren und Auslagen, welche 
durch ein gerichtliches oder Verwaltungsverfahren entstanden sind 
($ 1, Abs. 2). Hinsichtlich der Einziehung von Gebühren und Auslagen 
in den vor die ordentlichen Gerichte gehörenden bürgerlichen Rechts- 
streitigkeiten, Strafsachen und Konkursen ist der Bundesrat ermächtigt, 
die näheren Bestimmungen über die Beistandsleistung der Behörden 
zu treffen (Gerichtskostengesetz & 99). 
4. Endlich ist noch zu erwähnen, daß die deutschen und die 
österreichisch-ungarischen Gerichte und Behörden zu gegen- 
seitiger Rechtshilfe bei Verfolgung und Bestrafung von Uebertretungen 
der Zollgesetze verpflichtet sind), sowie daß zwischen Frank- 
1) Handelsvertrag zwischen Deutschland und Oesterreich-Ungarn vom 6. De- 
zember 1891, Art. 10 (Reichsgesetzbl. 1892, S. 6). Die näheren Anordnungen über
	        
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