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Ausübung der Rechtsanwaltschaft zugelassen sind, und er kann die
Zulassung widerrufen. Gegen die Verfügung des Konsuls (Bezirksrich-
ters), durch welche der Antrag auf Zulassung abgelehnt oder die er-
teilte Zulassung zurückgenommen wird, ist die Beschwerde an den
Reichskanzler statthaft'). Das Verzeichnis der zur Ausübung der Rechts-
anwaltschaft zugelassenen Personen ist in ortsüblicher Weise bekannt
zu machen und dem Reichskanzler anzuzeigen. Die Gebührenordnung
für Rechtsanwälte vom 17. Mai 1898 findet auch in den streitigen
Rechtssachen, welche bei den Konsulatsgerichten anhängig sind, An-
wendung, jedoch nur subsidiär, d. h. soweit nicht die Gebühren
der Rechtsanwälte durch Ortsgebrauch geregelt sind ?).
VII. Für sogenannte Rechtskonsulenten, d. h. Personen,
welche gewerbsmäßig fremde Rechtsangelegenheiten und bei Behörden
wahrzunehmende Geschäfte besorgen, gilt die Rechtsanwaltsordnung
in keiner Beziehung. Auf ihren Geschäftsbetrieb findet vielmehr die
Gewerbeordnung Anwendung. Nach 835, Abs. 3 derselben kann ihnen
der Betrieb wegen Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Betrieb unter-
sagt werden. Auch kann das Gericht solche Personen zurückweisen,
ausgenommen diejenigen, denen das mündliche Verhandeln vor Ge-
richt von der Justizverwaltung gestattet ist. Für Gerichte, bei denen
zur Vertretung der Parteien durch Rechtsanwälte ausreichende Ge-
legenheit geboten ist, soll die Justizverwaltung eine solche Anordnung
nicht treffen ?).
S 91. Der Gerichtsdienst.
Dieselben Rechtsformen, in denen überhaupt der Staat die für die
Erledigung seiner Aufgaben erforderlichen Arbeitskräfte und Dienste
sich verschafft, finden auch auf dem Gebiete der Rechtspflege An-
wendung. Von diesen Formen bietet die Dienstmiete, d. h. der pri-
vatrechtliche Vertrag des Fiskus mit Privatpersonen über Ar-
beitsleistungen, der für die Justizverwaltung nicht minder wichtig und
unentbehrlich ist wie für die anderen Verwaltungszweige, kein staats-
rechtliches Interesse dar. Die öffentlich-rechtliche Pflicht
zur Uebernahme und Führung gerichtlicher Geschäfte kann aber eben-
so wie die militärische Dienstpflicht auf zwei verschiedenen Rechts-
gründen beruhen, entweder auf einem staatlichen Zwang, d.h. auf
einer gesetzlichen Anordnung, welche der Untertan befolgen muß,
ohne daß es auf seine Einwilligung hierzu ankommt, oder auf einem
1) Konsulargerichtsbarkeitsgesetz $ 17 und hierzu die Dienstanweisung vom
27. Oktober 1900 (Zentralbl. für das Deutsche Reich S. 577 ff.).
2) Konsulargerichtsbarkeitsgesetz 8 76. In Togo und Samoa sind durch Verord-
nungen der Gouverneure die Gebühren erhöht worden. Siehe Sassen Kolonial-
gesetzgebung S. 820 fg.
3) Zivilprozeßordnung $ 157 (Novelle von 1909). Vgl. Reichsversicherungsordnung
S 1604 a. E., $ 1663. Versicherungsgesetz für Angestellte 8 257.