8 91. Der Gerichtsdienst. 471
sind !); sie genießen einerseits den staatlichen Schutz bei Ausübung
des Amtes, und sie unterliegen andererseits bei schuldbarem Mißbrauch
der ihnen übertragenen Amtsgewalt den Bestimmungen des Strafgesetz-
buchs über Verbrechen und Vergehen im Amte?). Der Inhalt der mit
dem Schöffen- und Geschworenenamt verbundenen ÖObliegenheiten
bestimmt sich durch die Vorschriften der Strafprozeßordnung; äußer-
lich betrachtet besteht er in der Teilnahme an den Sitzungen des Gre-
richts und in der Abstimmung über die nach Maßgabe der Prozeß-
ordnung vorgelegten Fragen‘).
h) Nach dem Reichsgesetz vom 29. Juli 1913 (Reichsgesetzbl.
S. 617) erhalten die Schöffen und Geschworenen Vergütung der Reise-
kosten und für jeden Tag der Dienstleistung Tagegelder, deren Höhe
der Bundesrat durch allgemeine, d.h. für Schöffen und Geschworene
gleiche‘) Anordnung bestimmt. Die Tagegelder dürfen nicht zurück-
gewiesen werden.
4. Die schuldbare Nichterfüllung der Dienstpflicht wird an
Geschworenen und Schöffen, sowie an den Vertrauensmännern des
Ausschusses mit einer Ordnungsstrafe von 5 bis zu 1000 Mark
und dem Ersatz der verursachten Kosten bestraft’). Der Tatbestand
kann darin bestehen, daß der zum Dienst Einberufene sich ohne ge-
nügende Entschuldigung nicht rechtzeitig einfindet, oder darin, daß
er sich seinen Obliegenheiten entzieht, z. B. durch Verweigerung des
Eides oder der Abstimmung, oder auch durch sein Verhalten während
der Verhandlung. Das Verfahren ist nicht das strafprozessualische,
sondern ein außerordentliches. Die Verurteilung wird, ohne daß es
1) Vgl. Bd. 1, S. 456.
2) Siehe Bd. 1, S. 469 ff. Für Geschworene und Schöffen kommt in dieser Be-
ziehung aber lediglich Strafgesetzbuch $ 334 (Bestechung) in Betracht, da die Motive
ihrer Abstimmung bei der Urteilssprechung jeder Kontrolle entrückt sind.
3) Bei denin der Spruchliste aufgeführten Geschworenen besteht der aktive
Dienst zunächst nur darin, sich rechtzeitig in der Sitzung einzufinden; die Pflicht
zur Teilnahme an der Verhandlung und Urteilsfindung ist nur eine eventuelle und
wird nur bei denjenigen Geschworenen verwirklicht, mit welchen die Geschworenen-
bank besetzt wird.
4) Vgl. die Begründung des Gesetzes (Drucksachen des Reichstages 1912/13
Nr. 997). Bekanntmachung vom 2. August 1913. Reichsgesetzbl. S. 618.
5) In den 8$ 46 und 93 ist angeordnet, daß die Einberufung der Schöffen
und Geschworenen „unter Hinweis auf die gesetzlichen Folgen des Ausbleibens“
erfolgen soll. Darauf hat man die Meinung gestützt, daß, wenn die Androhung
der Bestrafung in der Ladung unterblieben ist, eine Verurteilung wegen Nichter-
scheinens unstatthatt sei. Seuffert S. 82. Allein die $$ 46 und 93 enthalten nur
Vorschriften für die Amtsrichter und Schwurgerichtsvorsitzenden über Geschäfte
der Gerichtsverwaltung; im $ 56, der den Tatbestand des Delikts bestimmt; ist die
Bestrafung von einer „Androhung“ derselben oder von einer „ordnungsmäßigen“ La-
dung nicht abhängig gemacht und die Nichtbeachtung der Vorschrift des $ 46 oder
93 seitens des Richters gibt dem Schöffen oder Geschworenen kein Recht; sich seiner-
seits der Erfüllung der Gerichtspflicht zu entziehen. Uebereinstimmend Keller
S. 70; Löwe Note 2 zu 8 56.