Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

44 8 73. Das Post- und Telegraphenwesen. 
und Ausgaben des Post- und Telegraphenwesens sollten nach Art. 49 
der norddeutschen Bundesverfassung für den ganzen Bund gemein- 
schaftlich sein. Dem Gebiete der norddeutschen Post- und Telegraphen- 
verwaltung trat außerdem der südliche Teil des Großherzogtums Hes- 
sen hinzu, da Hessen in dem Friedensvertrage vom 3. September 1866, 
Art. 10 sich im voraus mit den Abreden einverstanden erklärt hatte, 
welche Preußen mit dem Hause Taxis wegen Beseitigung des Thurn- 
und -Taxisschen Postwesens treffen würde, und dem Uebergang des 
gesamten Postwesens im Großherzogtum Hessen an Preußen zuge- 
stimmt hatte. Ebenso hatte Hessen in Art. 11 desselben Friedensver- 
trages der preußischen Regierung das Recht zur unbeschränkten An- 
legung und Benutzung von Telegraphenlinien und Telegraphenstationen 
eingeräumt. Durch die Aufnahme Südhessens in den Deutschen Bund 
wurden diese vertragsmäßigen, vom Norddeutschen Bunde ausgeübten 
Rechte Preußens staatsrechtlich auf den Bund übertragen und die Zu- 
ständigkeit desselben zur Verwaltung der Post und Telegraphie in 
Hessen verfassungsmäßig begründet !). Bei der Gründung des Deutschen 
Reiches trat ferner das Großherzogtum Baden dem Gebiete der deut- 
schen Post- und Telegraphenverwaltung hinzu?), und in Elsaß-Loth- 
ringen wurden die Bestimmungen der Reichsverfassung über das Post- 
und Telegraphenwesen durch Verordnung vom 14. Oktober 1871 (Reichs- 
gesetzbl. 1871, S. 443) eingeführt. Bayern und Württemberg 
behielten gemäß den mit diesen Staaten abgeschlossenen Verfassungs- 
bündnissen besondere Postverwaltungen und haben an den zur 
Reichskasse fließenden Einnahmen des Post- und Telegraphenwesens 
keinen Teil, sondern verwalten diese Verkehrsanstalten für eigene 
Rechnung?) Diese Sonderrechte sind im Art. 52 der Reichsverfassung 
anerkannt. 
Danach gelten hinsichtlich der Zuständigkeit des Reiches in An- 
gelegenheiten des Post- und Telegraphenwesens zurzeit folgende Grund- 
sätze: 
1. Dem Reiche steht für das ganze Reichsgebiet die aus- 
schließliche Befugnis zur Gesetzgebung über die Vorrechte der 
1) Die besonderen Abreden in dem Protok. vom 15. November 1870, Ziff. 4 (Bun- 
desgesetzbl. S. 650), sind lediglich finanzieller Natur und nur von vorübergehender 
Bedeutung gewesen. 
2) Auch für Baden wurden in dem Protok. vom 15. November 1870, Ziff. 5, für 
eine gewisse Uebergangszeit finanzielle Sonderrechte verabredet. 
3) Vgl. Seydel in Hirths Annalen 1882, S. 617 ff. Seit dem 1. April 1902 be- 
steht eine einheitliche Briefmarke für das Reichspostgebiet und Württemberg; der 
Anteil Württembergs an den Einnahmen aus dem Vertriebe der Marken ist vertrags- 
mäßig vereinbart; die reichsverfassungsmäßige Selbständigkeit der württemb. Post- 
verwaltung, auch in finanzieller Beziehung, ist dadurch nicht verändert worden. Der 
Vertrag kann von jeder der beiden Verwaltungen mit einjähriger Frist zum Schluß 
eines jeden Rechnungsjahres gekündigt werden. Amtsbl. des RPA. 1%2, S. 55fg., und 
Drucksachen des Reichstags II. Session 1900/02, Beilage I zu Nr. 545. Reichsanzeiger 
vom 5. Nov. 1911.
	        
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