70 $ 73. Das Post- und Telegraphenwesen.
regal erstreckt sich auch auf den Ortsverkehr; daher ist es auch
den Gemeinden untersagt, solche Anlagen für den Verkehr inner-
halb des Gemeindebezirks zu errichten und zu betreiben. Indessen
muß einer Gemeinde auf ihr Verlangen dieses Recht verliehen wer-
den, wenn sie genügende Sicherheil für einen ordnungsmäßigen Betrieb
bietet und das Reich eine solche Anlage nicht errichtet hat oder sich
zur Errichtung und zum Betriebe einer solchen nicht bereit erklärt.
Unter den angegebenen Voraussetzungen besteht also zugunsten der
GemeindenalsKorrelatdes Telegraphenmonopols ein Telegraphenlizenz-
zwang. Zugunsten von Privatunternehmern besteht ein solcher Lizenz-
zwang nicht; jedoch kann Privatunternehmern vom Reichskanzler
oder den von ihm hierzu ermächtigten Behörden die Ausübung des
Telegraphenregals für einzelne Strecken oder Bezirke verliehen werden.
Die Bedingungen sind für jeden einzelnen Fall in der Verleihungsur-
kunde festzustellen').
Ausgenommen vom Telegraphenregal sind allein Betriebs-
telegraphen in folgenden vier Fällen’):
«) Wenn sie ausschließlich dem inneren Dienste von Landes- oder
Kommunalbehörden, Deichkorporationen, Siel- und Entwässerungs-
verbänden gewidmet sind.
ß) Wenn sie von Transportanstalten ausschließlich zu Zwecken
ihres Betriebes oder für die Vermittlung von Nachrichten innerhalb
der bisherigen Grenzen benutzt werden. Diese »bisherigen Grenzen«
sind für die Betriebstelegraphen der Eisenbahnen in dem Re-
glement des Reichskanzlers vom 7. März 1876 festgestellt. Den
Eisenbahnunternehmern ist es gestattet, auch solche Telegramme an-
zunehmen und zu befördern, welche nicht den Eisenbahndienst be-
treffen, und zwar von jedermann, wenn keine Reichstelegraphenanstalt
an demselben Orte ist, andernfalls nur von solchen Personen, die mit
den Eisenbahnzügen ankommen, abreisen oder durchreisen*. Die
Eisenbahntelegraphen sind, sofern sie die Korrespondenz vermitteln,
der für die Reichstelegraphen geltenden Telegraphenordnung unter-
worfen, unterliegen daher in gleichem Maße dem Kontrahierungs-
zwange und müssen zur Bedienung des telegraphierenden Publikums
während der vorschriftsmäßigen Dienststunden bereit sein’. Die Tele-
gramme sind an die nächste zur Vermittlung geeignete Reichstele-
graphenanstalt behufs der Weiterbeförderung zu überweisen; nur wenn
das Telegramm von der Aufgabe- an die Adreßstation ohne Umtele-
graphierung gegeben werden kann oder wenn das Telegramm auf dem
Wege von der Aufgabe bis zur Adreßstation nicht mehr als eine Um-
1) Telegraphengesetz $ 2.
2) Telegraphengesetz 8 3.
3) Zentralbl. des D. R. S. 155 ff. 4) Reglem. 8 2.
5) Reglem. 8 3-5. Eisenbahn-Telegraphenstationen gehören der Regel nach zu
den Stationen mit vollem Tagesdienst.