& 106. Die gesetzliche Wehrpflicht. 151
Wo nur die ständigen Mitglieder an der Beschlußfassung
Teil nehmen, ist bei Meinungsverschiedenheit derselben die Angelegen-
heit der nächst höheren Instanz zur Entscheidung vorzulegen. Für
unaufschiebbare vorläufige Maßregeln ist bei der Ersatzkommission
die Stimme des Zivilmitgliedes maßgebend; diese Bestimmung beruht
darauf, daß keine Verfügung der Ersatzkommission imstande ist,
einen Wehrpflichtigen definitiv von der Erfüllung der Dienstpflicht
zu befreien, die ausschließliche Geltendmachung des militärischen In-
teresses aber unwiederbringlithe Nachteile für ihn herbeiführen könnte.
Bei der Oberersatzkommission ist dagegen die Stimme des militäri-
schen Mitgliedes maßgebend nicht nur für unaufschiebbare vorläufige
Maßregeln, sondern auch bei der Entscheidung über die körperliche
Brauchbarkeit der Militärpflichtigen und die Verteilung der ausge-
hobenen Mannschaften auf die verschiedenen Waffengattungen und
Truppenteile ’), Durch diese Vorschriften wird das gegenseitige Ver-
hältnis der Zivilverwaltung und der Militärverwaltung bei dem Ersatz-
geschäft geregelt, und zwar so, daß das militärische Interesse
überall volle Wahrung findet.
Wenn die verstärkte Ersatzkommission oder Oberersatzkom-
mission die Entscheidung zu treffen hat, so haben alle Mitglieder
gleiches Stimmrecht und die Beschlüsse werden mit Stimmenmehrheit
gefaßt ?. Dem ständigen militärischen Mitgliede steht aber die Erhe-
bung des Einspruchs zu gegen Entscheidungen der Ersatzkommission
über die Klassifikation der Mannschaften der Reserve, der Landwehr
und der Ersatzreserve; in diesem Fall erfolgt die endgültige Ent-
scheidung lediglich durch die ständigen Mitglieder der Oberersatz-
kommission °).
Die Beteiligten, d. h. die Militärpflichtigen und ihre Angehörigen,
sind berechtigt, bei dem Verfahren vor den Ersatzbehörden Rekla-
mationen anzubringen und Anträge zu stellen und dieselben durch
Vorlegung von Urkunden und Stellung von Zeugen und Sachverstän-
digen zu unterstützen *). Gegen die Entscheidungen der Oberersatz-
kommission steht den Militärpflichtigen und ihren zur Reklamation
berechtigten Angehörigen die Berufung an die höheren Instanzen zu 5).
Nur in solchen Aushebungsbezirken, welche ihren Rekrutenanteil nicht
aufzubringen vermögen, ist das ständige militärische Mitglied der Ober-
ständigen Mitglieder der Ersatzkommission in den Fällen des $ 20 (Berücksichtigung
bürgerlicher Verhältnisse) getroffen werden können. Bei der Verhandlung darüber
ist die Anwesenheit des Zivilvorsitzenden der Oberersatzkommission erforderlich. —
Ueber die Uebertragung der Geschäfte der Ersatzkommissionen und der verstärkten
Ersatzkommission in Ansehung von Militärpflichtigen, welche in einem Schutzgebiete
oder im Ausland leben, siehe dasselbe Gesetz Ziff. 7, lit. d.
1) Militärgesetz $ 30, Ziff. 5. Reichsgesetz vom 22. Juli 1913, Ziff. 7, lit. c.
2) Militärgesetz $ 30, Ziff. 5 am Anfang.
3) Militärgesetz $ 30, Ziff. 7, Abs. 2. 4) Militärgesetz $ 30, Ziff. 6.
5) Welhrordnung $ 36, Ziff. 2.