152 8 106. Die gesetzliche Wehrpflicht.
ersatzkommission berechtigt, gegen die auf Befreiung vom Militärdienst
gerichteten Entscheidungen Berufung an die höhere Instanz einzu-
legen !). Von diesen Fällen abgesehen, unterliegen die Entscheidungen
der Oberersatzkommission nicht der Anfechtung und Abänderung; sie
haben den Charakter von endgültigen gerichtlichen Urteilen °).
2. Zurückstellungen. Dieselben erfolgen in der Regel nur
für die Dauer des laufenden Jahres, d. h. bis zu dem Termin für die
Anmeldung zur Stammrolle im nächsten Jahre; wegen besonderer
Verhältnisse kann aber eine Zurückstellung bis zum dritten Militär-
pflichtjahre gewährt werden). Für die Dauer der Zurückstellung ist
der Militärpflichtige von der Melde- und Gestellungspflicht dispensiert;
bei Ablauf der Frist ist er in dem Bezirk derjenigen Ersatzkommission
gestellungspflichtig, welche die Zurückstellung verfügt hat; an diese
Ersatzkommission sind daher auch Anträge auf Ueberweisung an einen
anderen Aushebungsbezirk zu richten. Zurückstellungen auf längere
Dauer oder aus anderen Billigkeitsgründen, als den in dem Militärge-
setz angegebenen, können nur von der Ministerialinstanz der betref-
fenden Bundesstaaten verfügt werden; der Antrag ist seitens der Er-
satzkommission auf dem Instanzenweg einzureichen ; die Zurückstellung
ganzer Berufsklassen auf Grund dieser Bestimmungen ist unzulässig‘).
Das Reichsgesetz vom 8. Februar 1890 (Reichsgesetzbl. S. 23) hat je-
doch bestimmt, daß Militärpflichtige römischkatholischer Konfession,
welche sich dem Studium der Theoiogie widmen, in Friedenszeiten
während der Dauer dieses Studiums bis zum 1. April des siebenten
Militärjahres zurückgestellt werden, und daß dieselben, wenn sie bis
zu diesem Zeitpunkte die Subdiakonatsweihe empfangen haben, der
Ersatzreserve überwiesen werden und von Uebungen befreit bleiben.
Bei Eintritt einer Mobilmachung verlieren alle Zurückstellungen ihre
Gültigkeit; sie können jedoch durch die Ersatzkommission für die
Zeit bis zum nächsten Musterungsgeschäft von neuem ausgesprochen
werden).
1) Militärgesetz $ 30, Ziff. 8.
2) Erlaß des preuß. Kriegsministers und Ministers des Innern vom 13. Dezember
1895 bei Reger, Bd. 15, S. 220.
3) Militärgesetz $ 20, 21, Abs. 1; Wehrordnung $ 29, Ziff. 3. Wegen zeitiger
Ausschließungsgründe ist die Zurückstellung bis zum fünften Militärpflichtjahre zu-
lässig, Militärgesetz $ 18; behufs ungestörter Ausbildung für den Lebenslauf in aus-
nahmsweisen Verhältnissen bis zu einer Gesamtdauer von vier Jahren, Militärgesetz
& 20, Ziff. 6, Wehrordnung $ 33, Ziff. 9, also ebenfalls bis zum fünften Militärpflicht-
jahre; über die zum einjährig-freiwilligen Dienst Berechtigten (Militärgesetz $ 14)
siehe unten sub VIII; Personen, die sich dauernd in einem Schutzgebiete, in welchem
eine Schutztruppe nicht besteht, oder im Auslande aufhalten, können bis zu dem in
ihrem dritten Militärpflichtjahre stattfindenden Aushebungsgeschäft zurück-
gestellt werden. Wehrordnung $ 33, Ziff. 10. Bei dauerndem Aufenthalt in einem
außereuropäischen Lande kann die Zurückstellung bis zu einer Gesamtdauer von vier
Jahren erfolgen. Reichsgesetz vom 22. Juli 1913, Ziff. 4, lit. b.
4) Militärgesetz $ 22; Wehrordnung $ 29, Ziff.7. 5) Wehrordnung 8 29, Ziff. 8.