180 8 106. Die gesetzliche Wehrpflicht.
gehindert ist, seine Wehrpflicht in der gewöhnlichen Weise zu erfüllen;
daß er sich zum einjährig-freiwilligen Dienst ausdrücklich melden
muß'); daß ihm Reklamationsgründe wie allen übrigen Wehrpflich-
tigen zur Seite stehen), und daß bei dem Wegfall der Voraussetzungen
zum einjährig-freiwilligen Dienst oder wenn der Freiwillige die Ver-
pflegung auf eigene Kosten nicht länger bestreiten kann oder will, die
regelmäßige Art der Wehrpflichtserfüllung wieder an die Stelle der
außerordentlichen Art tritt’).
2. Voraussetzungen‘) Außer den allgemeinen Vorausset-
zungen zum Eintritt in das Heer und in die Marine, nämlich körper-
liche Tauglichkeit und Unbescholtenheit), ist erforderlich »die nötige
moralische Qualifikation« °), der Nachweis wissenschaftlicher Bildung
und die Uebernahme der Verpflichtung zur Selbstverpflegung ?).
a) Der Nachweis wissenschaftlicher Bildung kann geführt werden
entweder durch Ablegung einer Prüfung oder durch Schulzeugnisse.
Für die Prüfung bestehen besondere Kommissionen unter dem Vor-
sitz des Zivilvorsitzenden der Oberersatzkommission, welche alljährlich
zweimal, im Frühjahr und im Herbst, die Prüfungen abhalten®). Die
Lehranstalten, welche berechtigt sind, Befähigungszeugnisse für den
einjährig-freiwilligen Dienst auszustellen, werden durch den Reichs-
kanzler bezeichnet und durch das Zentralblatt für das Deutsche Reich
veröffentlicht°). Von dem Nachweis der wissenschaftlichen Befähigung
1) Wehrordnung $ %, Ziff. 2; $ 94, Ziff. 2. Marineordnung $ 24, Ziff. 8, 11.
2) Wehrordnung 8 3, Ziff. 10.
3) Militärgesetz $ 50, Abs. 4; Wehrordnung $ 94, Ziff. 9. Ziff. 3 der Anlage 5
zur Heerordnung $ 19.
4) Die Vorbedingungen, welche zum einjährig-freiwilligen Dienst berechtigen,
sollen gemäß Militärgesetz 8 14, Abs. 3 durch Gesetz geregelt werden. Dasselbe
ist noch nicht ergangen und soll erst nach erfolgter Normierung des höheren Unter-
richtswesens erlassen werden. Vgl. Stenogr. Berichte des Reichstags I. Sess. 1874,
S. 8560fg. Bis zum Erlaß dieses Gesetzes sind die Anordnungen der Wehr- und Ma-
rineordnung maßgebend. Zum Eintritt als Ein- oder Mehrjährig-Freiwillige in die
Schutztruppe für Südwestafrika ist für Wehrpflichtige, welche in Europa ihren Wohn-
sitz haben, die Zustimmung des Reichskolonialamts und des zuständigen Kriegsmini-
steriums erforderlich. Wehrgesetz für die Schutzgebiete (Reichsgesetzbl. 1914, S. 610)
84 u.8 8, Abs. 2.
5) Siehe oben S. 155.
6) Wehrgesetz $ 10. Die Ersatzbehörde dritter Instanz ist befugt, auch wenn
eine Verurteilung wegen strafbarer Handlungen nicht stattgefunden hat, die Berech-
tigung zum einjäbrig-freiwilligen Dienst wegen Mangels der nötigen moralischen
Qualifikation zu entziehen. Wehrordnung $ 93, Ziff. 9 (Verordnung vom 20. Novem-
ber 1893). Marineordnung $ 24, Ziff. 12. Vgl. die Schreiben des Reichskanzlers vom
1. April 1893 und 26. Januar 1894 bei Reger Bd. 13, S. 317; 14, S. 300.
7) Wehrgesetz $ 11. Ueber die Einjährig-Freiwilligen in der südwestafrikani-
schen Schutztruppe siehe die Verordnung des Reichskanzlers vom 4. März 1914, $ 6
(Reichsgesetzbl. S. 44).
8) Ueber Zusammensetzung, Geschäftsgang und Prüfungsreglement vgl. Wehr-
ordnung $ 91, 92 und die Prüfungsordnung Anlage 2 hierzu.
9) Wehrordnung $ 90. Siehe Zentralbl. 1901, S. 249. Um Gleichmäßigkeit in