Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

8 106. Die gesetzliche Wehrpflicht. 183 
zulässig geringsten körperlichen Anforderungen gemacht werden!). Die 
von den Truppenteilen als untauglich abgewiesenen Freiwilligen mel- 
den sich unter Vorlegung des Berechtigungsscheines, auf welchem die 
Gründe der Abweisung vermerkt werden, innerhalb vier Wochen bei 
dem Zivilvorsitzenden der Ersatzkommission ihres Aufenthaltsortes. 
Dieser beordert sie zur Vorstellung vor der Ober-Ersatzkommission 
beim Aushebungsgeschäft, welche nach den allgemeinen Grundsätzen 
entscheidet. Der von ihr für eine bestimmte Waffengattung als tauglich 
erklärte Freiwillige muß von jedem Truppenteil dieser Waffengattung 
angenommen werden’). 
b) Die Dauer der aktiven Dienstzeit beträgt ein Jahr vom Tage 
des Diensteintritts an gerechnet. Nach Ablauf dieser Zeit werden die 
Freiwilligen zur Reserve beurlaubt’). 
c) Die militärische Ausbildung der Freiwilligen ist eine 
andere wie die der gewöhnlichen Soldaten, da sie zu Unteroffizieren 
und Offizieren der Reserve und Landwehr vorbereitet werden sollen. 
Einjährig-Freiwillige, welche sich gut geführt und ausreichende Dienst- 
kenntnis erworben haben, können nach halbjähriger Dienstzeit zu 
Gefreiten, und diejenigen unter den letzteren, welche sich besonders 
durch Eifer und Kenntnisse auszeichnen, nach mindestens neunmonat- 
licher Dienstzeit zu überzähligen Unteroffizieren befördert werden und 
erhalten nach eingetretener Beförderung theoretischen und praktischen 
Unterricht über alle Dienstobliegenheiten des Offiziers und Unteroffi- 
ziers, sowie über die besonderen Standespflichten des Offiziers*). Vor 
Beendigung der aktiven Dienstzeit werden sie einer theoretischen und 
praktischen Prüfung unterworfen, durch welche ihre Qualifikation 
zum Reserveoffizier festgestellt wird. Die Truppenbefehlshaber treffen 
die näheren Bestimmungen über die Prüfung, und den höheren Vor- 
gesetzten liegt die Pflicht ob, sich bei Inspizierungen von dem Stande 
der Ausbildung der Einjährig-Freiwilligen zu überzeugen. Wer die 
Prüfung besteht, erhält ein Qualifikationsattest zum Reserveoffizier 
und wird bei seiner Entlassung zum ÖOffizieraspiranten ernannt und 
zum überzähligen Unteroffizier befördert, wenn er diese Charge noch 
nicht bekleidet). 
9. Reserve- und Landwehrpflicht. Die Dienstzeit im 
  
  
1) Heerordnung $ 5, Ziff. 4. 
2) Wehrordnung $ 94, Ziff. 5-8. Abweichend Marineordnung $ 24, Ziff. 6. 
3) Wehrgesetz $ 11. . Mediziner, welche ihre Studien auf Universitäten zurück- 
legen, können nach ihrer Wahl der Dienstpflicht entweder ganz mit der Waffe oder 
ein halbes Jahr als Unterarzt genügen. Die näheren Vorschriften darüber enthält 
die Verordnungüber die Organisation des Sanitätskorps vom 6. Februar 
1873, 8 5 (Armeeverordnungsbl. S. 106), deren Bestimmungen in die Heerordnung $ 22 
übergegangen sind. Ueber den Dienst der Apotheker siehe ebendaselbst $ 21. 
4) Ueber die Ausbildung der Einjährig-Freiwilligen der Marine vgl. die detail- 
lierten Vorschriften in der Marineordnung $ 25—28. 
5) Heerordnung $ 20, Ziff. 1—5; Marineordnung a. a. O.
	        
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