8 107. Die freiwillig übernommene Militärdienstpflicht. 207
gesetzlich und reglementsmäßig verbundenen Einkünfte und andere Vor-
teile zugesichert werden!). Daß diese Dienststelle eine Unteroffizier-
oder Sergeantenstelle sei, ist durchaus nicht erforderlich. Auch zu
einem verlängerten Dienst als gemeiner Soldat kann man sich ver-
pflichten; es werden solche Verträge abgeschlossen insbesondere mit
den Mannschaften der Kavallerie und der Marine, welche sich frei-
willig zu einem vierjährigen (oder bei der Marine auch längeren) ak-
tiven Dienst verpflichten; ferner mit solchen Soldaten, welche als
Offiziersburschen verwendet und in einer solchen Stellung nach Ab-
leistung der gesetzlichen Dienstzeit beibehalten werden ?). Aus finan-
ziellen und militärischen Gründen dürfen aber nur solche Personen
als Kapitulanten angenommen werden, durch welche ein wesent-
licher Nutzen für den Dienst zu erwarten ist, und in allen Fällen
sind Kapitulationen zu solchen Zwecken und Aufgaben, welche ver-
mittelst der gesetzlichen Wehrpflicht erfüllt werden können, zu ver-
meiden. Als tatsächliche Regel ist es daher allerdings richtig, daB die
Kapitulation das Mittel ist, um der Armee und der Marine den erfor-
lichen Bedarf an Unteroffizieren zu sichern?°). Juristisch be-
gründet aber die Kapitulation lediglich eine Dienstpflicht, keine Amts-
gewalt; die letztere und alle damit verbundenen obrigkeitlichen Be-
fugnisse und vermögensrechtlichen Ansprüche beruhen auf der Er-
nennung zum Unteroffizier oder der Uebertragung einer bestimmten
Dienststelle.
2. Die gegenwärtig geltenden Bestimmungen über Kapitulationen
für die preußische Armee sind durch Kabinettsordre vom 13. Juni 1902
und vom 13. Oktober 1910®) festgesetzt worden; sie beruhen auf der
1) Gegen die Auffassung der Kapitulation als eines Vertrages erklärt sich G.
Meyer in Hirths Annalen 1880, S. 350 ff. und Verwaltungsrecht (Dochow) S. 539.
Vgl. auchO.Mayer im Archiv für öffentl. Recht III, S.1ff. Unrichtig Arndt S. 555.
Vgl. dagegen die sehr zutreffenden Ausführungen von Rehm in Hirths Annalen 1885,
S. 129fg., 183fg., und v. Stengel in seinem Wörterb. Bd. 1, S. 709. Zustimmend
auch Seydel, Bayer. Staatsrecht Bd. 3, S. 725.
2) Siehe Kabinettsordre vom 6. September 1866, Satz 4 und Kabinettsordre vom
20. Mai 1887 (Armeeverordnungsbl. S. 153). Für die Marine Erlaß vom 21. Januar
1890 (Marineverordnungsbl. S. 7).
3) Ferner werden Kapitulationen mit tüchtigen Militärmusikern, Lazarettgehilfen,
ausnahmsweise auch wohl mit Oekonomiehandwerkern, geschlossen. Ein völlig gleich-
artiger Fall ist die vertragsmäßige Anstellung von Köchen und Kellnern für die
Messen der Kriegsschiffe. Auch diese sind während ihres Dienstverhältnisses Perso-
nen des Soldatenstandes, haben den Rang der Unteroffiziere, sind den Militärgesetzen
und der Militärdisziplinarordnung unterworfen und haben Anspruch auf Invalidenver-
sorgung. Verträge dieser Art dürfen auch mit Ausländern abgeschlossen werden.
Marineordnung 8 37.
4) Armeeverordnungsbl. 1902, S. 192; 1910, S. 281. Für die Marine sind ent-
sprechende Bestimmungen eingeführt worden durch Kabinettsordre vom 29. August
1876. Marineverordnungsbl. S. 149 ff. Für Bayern Verordnung vom 14. Juli 1876.
Militärverordnungsbl. S.438. Sie sind den neueren Bestimmungen für das preußische
Heer entsprechend abgeändert worden.