Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

$ 11l. Die Friedensleistungen. 265 
dieselben Grundsätze wie für die Einführung von Gemeindesteuern 
maßgebend). Durch ein solches Statut kann nun zwar keinem Ge- 
bäudebesitzer eine größere Last als die ihn gesetzlich ireffende aufer- 
legt werden ?); es können aber die individuellen Verhältnisse eine bil- 
lige Berücksichtigung finden). Es kann bestimmt werden, daß nur 
die Eigentümer und Nutznießer der Gebäude, nicht deren Mieter, 
herangezogen werden sollen; es kann angeordnet werden, daß die 
einzuquartierenden Truppen von dem Gemeindevorstand in gemieteten 
Quartieren untergebracht und in welcher Weise die dadurch entstehen- 
den Kosten gedeckt werden sollen. Von selbständigen Gutsbezirken 
und Gemeinden können Verbände zur gemeinsamen Leistung der Ein- 
quartierungslast nach Maßgabe des Ortsstatuts begründet werden‘). In 
den dazu geeigneten Ortschaften, namentlich in großen Städten oder 
ausgedehnten Landgemeinden, können besondere Quartierbezirke ge- 
bildet werden °). 
Der Ortsvorstand kann nach Ablauf von drei Monaten einen all- 
gemeinen oder teilweisen Wechsel der Quartiere vornehmen, nach 
Ablauf einer kürzeren Frist nur mit Zustimmung der Militärbehörde °). 
b) Der Gemeindevorstand oder die vorgesetzte Aufsichtsbehörde 
desselben sind befugt, die Quartierträger durch Anwendung admini- 
strativer Zwangsmittel zur Erfüllung ihrer Obliegenheiten — mit Ein- 
schluß der Beschaffung der erforderlichen Utensilien — anzuhalten 
und die verauslagten Kosten von dem Verpflichteten auf dem für die 
Einziehung der Gemeindeabgaben vorgeschriebenen Wege beizutreiben’). 
Ebenso haben die erwähnten Behörden Beschwerden über mangel- 
hafte oder nicht vollständige Quartierleistung endgültig zu erledigen. 
Die einquartierten Offiziere und Mannschaften sind indes nicht be- 
rechtigt, die Beschwerde unmittelbar bei dem Gemeindevorstand oder 
der Gemeindeaufsichtsbehörde vorzubringen; zur Erhebung der Be- 
schwerde ist vielmehr in Garnisonen nur der Garnisonsälteste oder 
dessen Beauftragter, auf Märschen usw. der Truppenbefehlshaber, be- 
  
  
1) Bis zum Zustandekommen eines solchen Ortsstatuts bleiben die bis dahin 
geltenden Grundsätze über die Verteilung in Kraft. 
2) Vgl. die Erkenntnisse des bayer. Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Mai 1885 
und vom 26. November 1886 (Reger VII, S. 72; VIII, S. 274), sowie vom 14. April 
und 25. Juli 1894 (Reger XV, S. 85 u. 224). 
3) Ist ein Kataster nach Maßgabe des 8 6 aufgestellt worden, so dürfen bei der 
Unterverteilung dergarnisonmäßigen Quartierleistung die in dem Kataster für die 
einzelnen Gebäude verzeichneten Maximalsätze nicht überschritten werden. Ausf.- 
Instruktion $ 8, Abs. 1. 
4) Quartierleistungsgesetz $ 7, Abs. 3—6. 5) Ebendaselbst $ 9. 
6) Gesetz $S 14. Nach der Ausf.-Instruktion $ 14 muß der Ortsvorstand den 
Truppenteil noch vor Beginn des dritten Monats unter Angabe des neuen Quartier- 
bezirks davon in Kenntnis setzen, daß eine solche Maßregel beabsichtigt wird. 
7) Gesetz $ 11. Ausf.-Instruktion $ 13. Landesgesetzliche Befreiungen von Ge- 
meindeabgaben finden auf die Einquartierungslast keine Anwendung. Erl. des preuß). 
Ministers des Innern vom 17. Dezember 1894 (bei Reger XV, S. 224).
	        
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