Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

36 8 97. Der Oberbefehl über die bewaffnete Macht des Reiches. 
rungsakte des Monarchen der Gegenzeichnung eines verantwortlichen 
Ministers bedürfen, findet zwar auf Verordnungen, dagegen nicht 
auf Kommandos Anwendung. Dieser in allen Staaten anerkannte 
Grundsatz steht auch in Preußen in unbezweifelter Geltung, und die 
Handhabung desselben ist durch den Allerhöchsten Erlaß vom 
18. Januar 1861!) ausdrücklich geregelt worden. Allerdings ist 
die Bedeutung dieser Kabinettsordre meistens verkannt worden; denn 
sie bestimmt nicht, wie man in der Regel annimmt, welche königl. 
Anordnungen der Kontrasignatur nicht bedürfen, sondern welche 
ohne Gegenzeichnung des Kriegsministers der Armee oder den Kom- 
mandostellen bekannt zu machen sind?) Der König sagt: »Ich 
will, daß alle Meine der Armee bekannt zu machenden Ordres den 
Charakter des militärischen Befehls behalten.«e Deshalb verordnet der 
König unter Ziff. 1 der Kabinettsordre, »daß Armeebefehle, sowie Or- 
dres, welche Ich in Militärdienstsachen oder Personal-Angelegenheiten 
erlasse, ohne Gegenzeichnung expediert werden« Die Kund- 
bare Gegenzeichnung wird untersagt; die geheime nicht erfordert, 
aber auch nicht verboten. Außer diesen unter Ziff. 1 erwähnten Or- 
dres unterscheidet der Erlaß noch zwei andere Arten von Ordres; die 
zweite wird gebildet aus den Ordres derselben Art wie unter 
Ziff. 1, wenn sie zugleich Bestimmungen enthalten, welche auf 
den Militäretat von Einfluß sind oder »andere Zweige der Militärver- 
waltung« berühren; sie sollen mit der Gegenzeichnung des Kriegs- 
ministers versehen werden, der Armee oder den betreffenden Kom- 
mandostellen aber ohne Gegenzeichnung bekannt gemacht werden. 
Die dritte Gruppe von Anordnungen (Ziff. 4) wird gebildet durch 
‚alleübrigen, nur die Militärverwaltung im allgemeinen oder 
in ihren einzelnen Zweigen betreffenden Ordres in Armee-Angelegen- 
heiten, welche die Etats alterieren oder sonst einen Regierungsakt 
enthalten; sie werden wie bisher vor der Absendung mit der 
Gegenzeichnung des Kriegsministers versehen«. Hiernach gibt es in 
Militärsachen Ordres ohne Kontrasignatur, Ordres mit geheimer und 
Ordres mit offener, sichtbarer Gegenzeichnung. Wie diese drei Grup- 
pen nach dem Gegenstande, den sie betreffen, voneinander abgegrenzt 
werden, ist aus der Kabinettsordre nicht zu entnehmen; es fehlt ihr 
in dieser Hinsicht in hohem Grade an Klarheit und Bestimmtheit. 
Da sie aber sowohl in Ziff. 3 als auch in Ziff. 4 anordnet, daß es ge- 
halten werden soll »wie bisher«, so wird die Vermutung erweckt, daß 
aus der Uebung die zugrunde liegenden Prinzipien erkannt wer- 
den können. Dies wird aber durch die Untersuchungen v. Mar- 
1) Der Erlaß ist abgedruckt im Milit. Wochenbl. 1861 Beilage zu Nr. 8. Im 
Ministerialbl. für die innere Verw. 1861 S. 73; bei v. MarschallS. 67ff. Vgl. 
darüber Hecker in v. Stengels Wörterb. I S. 68. Bornhak, Preuß. Staatsr. 
2. Aufl. [S. 464 (1911). 
2) v. MarschallS. 69 ff.
	        
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