Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

494 8 123. Die Besitzsteuer. 
den Grundsätzen der Finanztechnik mehr entsprechende Regeln ge- 
setzt, insbesondere auch der Steuersatz und dessen Progression abge- 
ändert werden !). Das Gesetz hat daher auch für die Bundesstaaten 
und Gemeinden hinsichtlich der ihnen oktroyierten Wertzuwachssteuer 
nur subsidiäre Geltung. Auf die einzelnen Vorschriften dieses Gesetzes 
ist daher hier nicht einzugehen. 
Durch das Reichsgesetz vom 14. Juni 1912 (Reichsgesetzbl. S. 393) 
wurde angeordnet, daß die im Gesetz vom 15. Juli 1909 (Reichsgesetz- 
blatt S. 743, Art. V) vorgesehene Ermäßigung der Zuckersteuer 6 Mo- 
nate nach der Einführung eines Gesetzes, welches eine allgemeine, 
den verschiedenen Besitzformen gerecht werdende Besitzsteuer 
vorschreibt, spätestens am 1. Oktober 1916 in Kraft trete und daß der 
Gesetzentwurf dem Reichstag bis zum 30. April 1913 vorzulegen ist. Ob- 
gleich nun durch 8 2 des Reichsgesetzes vom 3. Juli 1913 sowohl 
Art. V des Gesetzes vom 15. Juli 1909 als auch das Gesetz vom 14. 
Juni 1912 aufgehoben worden sind, wurde doch der in dem letztern 
Gesetz enthaltenen Anordnung entsprochen und dem Reichstag in der 
Sitzungsperiode von 1913 der Entwurf eines Gesetzes über die allge- 
meine Besteuerung des Vermögenszuwachses vorgelegt. Dieses Gesetz 
wurde mit der irreführenden Bezeichnung »Besitzsteuergesetz« versehen 
um dem Wortlaut des Gesetzes vom 14. Juni 1912 genüge zu tun. Es 
wurde unter diesem Namen und mit dem Datum vom 3. Juli 1913 
im Reichsgesetzblatt S. 524 verkündet ?). 
Da in den 3 Rechnungsjahren 1914 bis 1916 der Wehrbeitrag er- 
hoben wird, so wird der steuerpflichtige Wertzuwachs erstmals zum 
1. April 1917 festgestellt und die Steuer in dem dreijährigen mit dem 
1. April 1917 beginnenden Zeitraum erhoben werden, Gesetz 8 18, 24. 
II. Die »Besitzsteuer« wird für das Reich von dem Ver- 
mögenszuwachs erhoben. Gesetz 8 1. Es ist also festzustellen, 
was im Sinne dieses Gesetzes »Vermögen« und was »Zuwachs« ist und 
inwieweit beide der Steuer unterliegen. 
1. Hinsichtlich des Vermögens unterscheidet das Gesetz Grund- 
vermögen, Betriebsvermögen und Kapitalvermögen. Das erste umfaßt 
  
  
1) Da die Grundstücks-Wertzuwachssteuer keine Reichssteuer mehr ist, sondern 
ausschließlich eine Landes- und Gemeindesteuer geworden ist, so hat Klautsch 
in der D. Juristenzeitung 1914, S. 56 ff. mit vollem Recht dargetan, daß die Aufrecht- 
erhaltung des Reichsgesetzes vom 14. Februar 1911 die verfassungsmäßige Zuständig- 
keit des Reichs überschreitet. Daraus folgt aber nicht, daß sie ungültig und ohne 
Rechtswirksamkeit ist. Siehe Bd. II, S. 25 fg. und besonders S. 38 ff. und Hertel 
in der D. Juristenzeitung 1914, S. 222. Allerdings empfiehlt sich diese sonderbare 
Art der Reichsgesetzgebung nicht zur Nachahmung. 
2) Ausführungsbestimmungen zu dem Gesetz sind vom Bundesrat noch nicht er- 
lassen worden. Bei der inhaltlichen Uebereinstimmung des Besitzsteuergesetzes mit 
dem Gesetz über den Wehrbeitrag werden die zu dem letzteren Gesetz erlassenen 
Ausführungsbestimmungen zum großen Teil auch die Grundlage für die zum Besitz- 
steuergesetz zu erlassenden Ausführungsbestimmungen bilden. Siehe $ 124.
	        
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