Full text: Das Kaisertum in den Verfassungen des Deutschen Reiches vom 28. März 1849 und vom 16. April 1871.

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abgesehen vom Falle des Defensivkrieges — der Zu- 
stimmung des Bundesrats. Eine entsprechende ein- 
schränkende Bestimmung wie im 2. Satzteil des $ 77 
der Verfassung von 1849 findet sich aber auch in der 
Verfassung von 1871 im Abs. 3 des Art. 11. Infolge 
der unklaren Fassung der Stelle bietet diese Bestim- 
mung bekanntlich grosse Schwierigkeiten. : M.E. ist die 
Antwort auf die Frage, ob nach der Verfassung von 1871 
im einzelnen Falle der Kaiser selbständig den völker- 
rechtlichen Vertrag abschliessen kann oder nicht, 
jedesmal von der Beantwortung der weiteren Frage 
abhängig, ob die Materie des betreffenden Vertrages 
in die Sphäre der Verordnung fällt oder nicht. Ist 
das erstere der Fall, so übt der Kaiser durch die 
Ratifikation des Vertrages ein ihm verfassungsmässig 
zustehendes Verordnungsrecht aus. Fällt sie dagegen 
in die Kompetenz der Gesetzgebung, so hat der Kaiser 
nur die Förmlichkeiten des Vertrages zu erledigen, 
insbesondere die Ratifikationserklärung im Namen des 
Reichs abzugeben, während die Sanktion des Vertrags- 
Gesetzes durch den Bundesrat erfolgt, der seinerseits 
wiederum bei der Feststellung des Inhalts des Gesetzes 
konstitutionell beschränkt ist durch die Notwendigkeit 
der Zustimmung des Reichstags !?), Die Sachlage ist 
also nach der Verfassung von 1871 wesentlich anders 
als nach der von 1849. Denn in der Beschränkung 
des Kaisers durch den 2. Halbsatz des $ 77 der Ver- 
fassung von 1849 kann an sich nur der Ausdruck des 
13) Diese von Zorn bereits in der 1. Aufl. seines Staats- 
rechtes (1883) Bd. II. S. 421 ff., 431 vertretene Meinung — im An- 
schluss an E. Meier, Abschluss von Staatsvertr. 110 ff. — war 
früher sehr umstritten (vergl. Laband, 1. Aufl. Bd. II. 174 £f.), 
darf aber jetzt als die herrschende bezeichnet werden: vergl. 
Laband, 4. Aufl. Ba. II. S. 128.
	        
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