Full text: Das Kaisertum in den Verfassungen des Deutschen Reiches vom 28. März 1849 und vom 16. April 1871.

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2. Halbsatz und Art. 18 der Verfassung von 1871 
dagegen ist zwar ebenfalls dem Kaiser die Er- 
nennung und Entlassung der Reichsbeamten, also 
die Zusammensetzung des gesamten Reichsbeamten- 
apparates übertragen, so dass zwar auch hier vom 
Kaiser alle Amtsgewalt im Reichsstaate ausgeht. Aber 
da anderseits in der geltenden Reichsverfassung „die 
verbündeten Regierungen“ die Reichssouveränität re- 
präsentieren, hat hier die Chefstellung des Kaisers 
im Behördenorganismus doch staatsrechtlich nur die 
Bedeutung der verfassungsmässigen Delegation eines 
allerdings sehr wichtigen Hoheitsrechtes des Reichs 
auf den König von Preussen. M. a. W., die Befugnis 
des Kaisers, alle Beamten des Reichs zu ernennen, 
ist nach der Verfassung von 1871 nicht ein selb- 
ständiges, sondern ein übertragenes und im Namen 
der verbündeten Regierungen geübtes Recht. Daraus 
musste man folgern, dass dem Kaiser des neuen Deut- 
schen Reiches auch keinerlei Befugnisse bezüglich der 
Organisation der Ämter, der Verwaltungseinrichtun- 
gen des Reichs als solcher zustehen, während nach 
der Verfassung von 1849 der Kaiser auch in dieser 
Hinsicht auf Grund seiner Regierungsgewalt frei ver- 
fügen kann. Zudem ist der Kaiser der geltenden Reichs- 
verfassung bei der Ernennung einiger Kategorien von 
Beamten an Vorschläge des Bundesrats gebunden oder 
er kann wenigstens nicht ohne vorherige Einigung 
mit dem Bundesrat das Ernennungsrecht üben??), 
während nach der Frankfurter Verfassung die Er- 
nennung aller Beamten lediglich vom Kaiser ab- 
hängt. Tatsächlich allerdings hat sich auch im neuen 
Reiche ein erhebliches Mass von Organisationsgewalt 
32) Vergl. Zorn a.a. O. S. 308.
	        
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