IV. Kapitel.
$ 19. Das Ergebnis.
1. Man kann nach allem das Staatssystem der Ver-
fassung vom 28. März 1849 mit Fug und Recht
„eine Republik mit einem konstitutionell-monar-
chischen Mantel“ (Sten. Ber. S. 4988, 1. Spalte,
Zeile 21) nennen und die Rechtsstellung des Kaisers
im Rahmen dieser Verfassung somit prinzipiell als
die eines erblichen, unverantwortlichen Staats-
präsidenten bezeichnen°°). Eine gewisse Ähnlich-
keit des Kaisertums der geltenden Reichsverfassung
mit dem der Verfassung der Paulskirche ist aller-
dings unverkennbar. Denn auch dort ist, wie
oben gezeigt, der Kaiser als solcher Organ des
Reichssouveräns, der Gesamtheit der verbündeten
Regierungen. Aber anderseits beruht zweifellos
diese Rechtsstellung des Kaisers als eines obersten
Exekutivorgans des Trägers der Reichssouveränität
in den beiden Verfassungen auf einem ganz ver-
schiedenen rechtlichen Grunde. Dort ist nämlich
der Kaiser Organ des souveränen Volkes, hier
dagegen der souveränen Gesamtheit der
deutschen Staaten.
50) Auch in der Paulskirche selbst war man sich über
dieses Ergebnis völlig klar, insbesondere auch über die Be-
deutung des suspensiven Vetos für die Rechtsstellung des Kai-
sers. Denn „die Vetofrage ward von der Linken als eine Frage
der gesetzlichen Unterordnung des monarchischen unter das
demokratische Prinzip, der Übereignung der gesamten Gesetz-
gebungs- und Regierungsgewalt in letzter Instanz an die Volks-
vertretung betrachtet, und die Rechte begriff dies wohl und
kämpfte darum, sowie aus Rücksicht auf die Ehre und Würde
der Monarchie für das absolute Veto“ (Karl Biedermann,
Erinnerungen aus der Paulskirche. Leipzig 1849. S.28 in Abs. 2).