$ 11. Das Verhältnis des Staates zu Kirche u. Schule. 183
die Errichtung von Fortbildungsschulen für die aus
der Volksschule entlassenen Mädchen durch Orts-
gesetz zu beschließen. Die Schulpflicht kann auf
Mädchen beschränkt werden, die einem gewerblichen
Verdienst nachgehen. Der Unterricht soll, sofern
nicht aus besonderen Gründen die Erhebung von
Schulgeld im Ortsgesetz gestattet ist, unentgeltlich
erfolgen und sich insbesondere auf Handarbeitslehre,
Kochkunst, Haushaltungskunde und Buchführung er-
strecken; er kann auf eins oder einzelne dieser Fächer
beschränkt werden. Die Schulpflicht kann auf aus-
wärts wohnende Mädchen erstreckt werden, die im
Bezirk der Gemeinde ihrem Verdienst nachgehen.
IV. Die Rechtsverhältnisse der Geist-
lichen, Durch Verordnung vom 20. Dezember 1888,
betreffend die Prüfung der Studenten und Kandidaten
der Theologie, ist die Ablegung von zwei theologischen
Prüfungen vorgeschrieben: 1. pro candidatura (licentia
concionandi) und 2. pro ministerio vor einer unter
dem Vorsitz des Präsidenten vom Fürstlichen Kirchen-
rat in Sondershausen eingerichteten Prüfungskommis-
sion, deren Mitglieder vom Fürsten ernannt werden.
Zur ersten Prüfung wird nur zugelassen, wer nach
Erwerbung des Reifezeugnisses eines Gymnasiums des
Deutschen Reiches mindestens sechs Semester dem
Studium der Theologie auf einer deutschen Universität
sich gewidmet hat. Das auf der Universität ver-
brachte Militärjahr wird nur für ein Halbjahr ge-
rechnet. Die theologischen Seminare sind zu be-
suchen. Die erste Prüfung kann sofort und muß in
der Regel ein Jahr nach Vollendung des akademischen
Studiums abgelegt werden. Die Examinanden, welche
die erste Prüfung bestanden haben, werden in die
Liste der Kandidaten der Theologie eingetragen und
erhalten das Recht, zu predigen, sowie den Anspruch,
nach zwei Jahren das Examen pro ministerio ab-