Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

5 15 (Nr. 2—4). 2. Abschnitt. Handelsregister. 87 
von Rechtsverhältnissen in manchen Fällen bedingende oder geradezu schaffende Kraft, 
aber die Eintragung selbst bezieht sich stets nur auf Tatsachen. Eingetragen wird 
. B. die Führung der Firma, die Wahl eines Ortes als Niederlassung, der Gegen- 
and des Unternehmens, die Erteilung der Prokura, die Namen der Gesellschafter 
einer offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft, der Betrag der Kom- 
manditisteneinlage, die Höhe des Grundkapitals der Aktiengesellschaft us. Das 
Handelsregister eistet im allgemeinen nicht einmal Gewähr dafür, daß der Eintrag 
der Wahrheit entspricht, daß z. B. die meingetragene Firma wirklich besteht, daß die 
eingetragene Prokura wirklich erteilt ist, daß die Namen der Gesellschafter wirklich 
die richtigen sind. Es gibt nur die „angeblichen“ Tatsachen, d. h. die Angaben 
des Anmeldenden über die Tatsachen wieder. Insofern freilich die anzu- 
gebende Tatsache in einem Willensakt besteht, z. B. bei der Erteilung einer Prokura, 
dem Eintritt eines Gesellschafters, der Anderung einer Firma, kann die Anmeldung 
die Vornahme dieses Willensaktes durch die dazu legitimierte Person und damit zu- 
gleich die Schaffung jener Tatsache darstellen. Aber darlber hinaus vermag sie 
nicht Tatsachen zu schaffen. So würde z. B. die Anmeldung der Auflösung einer 
offenen Handelsgesellschaft wegen Todes eines Gesellschafters nicht die Austöfung 
erzeugen, wenn in Wahrheit der angeblich Verstorbene noch lebt. 
3. Nach den früheren Erörterungen (vgl. bei 5 12 Nr. 7—14) erstreckt sich auch Nr. 3. 
die Prüfungspflicht der Registerbehörde im allgemeinen nicht auf die Wahrheit 
der Angaben des Anmeldenden. Freilich hat der Registerrichter seine Mitwirkung 
zu versagen, wo er die Überzeugung oder den dringenden Verdacht von der Un- 
wahrheit hat, und hat er von Amts wegen zu löschen, sobald er sich von der Unrichtig- 
keit der Eintragung überzeugt hat (K.G. in O. L.G. Rspr. XIV S. 158), aber er ist im 
allgemeinen nicht verpflichtet, sich über die Ubereinstimmung der Anmeldung mit 
der Wirklichkeit Gewißheit zu verschaffen. 
4. Beweisende Kraft der Eintragung. Dem Vorgetragenen entspricht es, daß Nr. 4. 
das Gesetz von einer allgemeinen Rechtsvermutung des Inhalts, daß der 
Eintrag der Wirklichkeit entspreche oder gar von einem dem redlichen Dritten zu 
zute kommenden öffentlichen Glauben des Handelsregisters, wie ihn für das Grund- 
uch B.G.B. 88 891, 892 aufstellt, in § 15 absieht.1) Wird z. B. die Nichtexistenz 
der offenen Handelsgesellschaft wegen Ungültigkeit des Gesellschaftsvertrages behauptet, 
so haben die sich auf die Gültigkeit stützenden Gesellschafter die Existenz nachzuweisen, 
die bloße Berufung auf den Eintrag würde ihnen nichts nützen. Oder ist für einen 
minderjährigon Kaufmann ein Prokurist ohne die erforderliche obervormundschaft- 
liche Genehmigung bestellt, so bleibt die Bestellung trotz der Eintragung und Be- 
kanntmachung ohne rechtliche Wirkung (vgl. § 48 Nr. 4). Oder hat das Grundbuch- 
amt Zweifel, ob die noch eingetragene Handelsgesellschaft wirklich besteht, so kann 
es andere Beweismittel heranziehen (K.G. in Johow-Ring XXXIII. A 154). Freilich 
wird meist nach Lage der Dinge eine tatsächliche Vermutung für die Ubereinstimmung 
des Registers mit der Wirklichkeit bestehen, so wird man z. B. tatsächlich vermuten 
dürfen, daß der eingetragene Firmeninhaber in Wirklichkeit ein Gewerbe betrieb 
(vgl. bei § 1 Nr. 10). Der Gegner wird seine Einwendungen zu detaillieren, den 
angeblichen Grund der Nichtübereinstimmung zu bezeichnen haben und die Beweis- 
frage regelt sich dann nach allgemeinen Grundsätzen. Es ist ferner klar, daß der die 
Eintragung durch seine Anmeldung Erzielende für die Folgen seiner Willenserklärung 
nach allgemeinen Grundsätzen einstehen muß, z. B. haben diejenigen, die sich als 
Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft anmeldeten, sich als solche behandeln 
zu lassen, auch wenn zischen ihnen kein Gesellschaftsvertrag geschlossen ist (vgl. 
ei § 105 Nr. 1 und oben 5 1 Nr. 10). Wer eine Fabrik als Zweigniederlassung 
eines Handelsgeschäfts eintragen läßt, muß sich vor dem Gericht dieser Fabrik 
als dem Gericht der Niederlassung belangen lassen (R.G.S. L S. 428 und 
Warneyer 1913 Nr. 106, O.L.G. Darmstadt in Seuffert LVIII Nr. 150, 
O. L. G. Hamburg in L. 3. 1911, S. 77). Sehr weitgehend R.G. Z. LXVI S. 418, 
welche Entscheidung bei simulierter Übertragung von Geschäft und Firma und 
darauf veranlaßter Eintragung und Veröffentlichung den bisherigen Inhaber dritten 
  
1) Gegen eine solche Auffassung Herzoßs in den Blättern für Rechtspflege 
in Thüringen und Anhalt XVII S. 217ff., vgl. v. Hahn S. 137 A. 12.
	        
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