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zu nehmen, seine Unkenntnis wird nie als verschuldete angesehen. Daß dem Dritten
die Tatsache bekannt war, ist ihm nachzuweisen, gleichgültig it aber, woher der
Dritte die Kenntnis hatte, es genügt auch zufällige eigene Wahrnehmung. Nur
muß es sich um wirkliche Kenntnis handeln, nicht um bloße Mutmaßung.
1) Die Wirkung des Abst. 1 tritt nicht bloß bei Rechtsgeschäften (so Rauch
unter analoger Heranziehung der §§ 1435, 68, 892 B. G. B.), sondern auch im
Prozeßverkehr (vgl. Ehrenberg Hdb. 1 S. 658 ff. und M. Wolff, Grundbegriffe S.30
Anm. 24), ja darüber hinaus bei obligationes ex lege und ex delicto ein (anders
Ehrenberg S. 635), und bei Rechtsgeschäften tritt sie auch dann ein, wenn die Kenntnis
des Dritten von der einzutragenden Tatsache für nein Verhalten keinerlei Bedeu-
tung hat. Freilich beschränkt die Denkschrift die Anwendbarkeit des §& 15 auf Fälle,
in denen nach Lage der Dinge es für den Dritten Bedeutung haben kann, ob er
die Tatsache kennt oder nicht. Sei jede Möglichkeit solcher Bedeutung ausgeschlossen,
so müsse Dritten gegenüber die Tatsache nach allgemeinen Grundsätzen verwertet
werden können. Als Beispiel wird angeführt, daß durch die scheu werdenden Pferde
des Geschäftswagens einer offenen Handelsgesellschaft ein Schade angerichtet wird.
Hier könne der Geschädigte nicht einen z. Zt. des Unfalls bereits ausgeschiedenen
Gesellschafter aus dem in Abs. 1 angeführten Grunde in Anspruch nehmen, weil
jeder Zusammenhang zwischen Entstehung des Schadens und Unkenntnis des Dritten
vom Ausscheiden des betreffenden Gesellschafters ausgeschlossen sei. Indessen läßt
sich nach dem Wortlaut des Gesetzes diese Beschränkung nicht rechtfertigen, vgl.
Cosack S. 36, Gareis zu § 15, Düringer-Hachenburg Anm. 4. Sie würde
auch zu einer bedenklichen Rechtsunsicherheit führen. Selbst bei dem außerrechts-
eschäftlichen Verkehr kann das Vertrauen auf das Vorhandensein gewisser Tat-
achen kausal sein und häufig hängen rechtsgeschäftlicher und außerrechtsgeschäft-
licher Verkehr auf das Engste zusammen. Man denke an Verletzung des Verlags-
vertrages und an Nachdruck. Soll für den Kontrakt der unwissende Dritte sich den
§ 15 zunutze machen, für das Delikt nicht? — Dagegen hat Abs. 1 da seine
Grenze, wo das Jurückgehen auf den alten Zustand durch die Natur der Verhält-
nisse ober das Gesetz ausgeschlossen ist, so kann der Dritte den verstorbenen Proku-
risten nicht als lebend behandeln und von dem ausgeschiedenen Gesellschafter nicht
die Ableistung des Offenbarungseides für die Gesellschaft verlangen (O. L.G. Rostock
in O.L.G. Rspr. XXIV S. 157).
8) Seine praktische Hauptanwendung findet Abs. 1 in Fällen, wo die einzu-
" tragende Tatsache eine Befreiung der Beteiligten von Haftungen mit sich bringt
(sogen. befreiende Tatsachen), z. B. Entziehung der Prokura oder sonstiger Ver-
tretungsbefugnis, Austritt aus einer Handelsgesellschaft (vgl. § 143), Auflösung der
Handelsgesellschaft, Wechsel der Inhaber der Firma (vgl. Adler-Clemens Nr.
816), Aufgabe des Handelsgewerbebetriebes (R.G.Z. LXV Nr. 97). Aber auch wo
sich positive Wirkungen an die Tatsachen knüpfen, kommt § 15 Abs. 1 in Betracht,
z. B. für die Frage, ob der Dritte ihm gegenüber vorgenommene Kündigungen
oder Mahnungen eines neu eingetretenen Gesellschafters oder eines Prokuristen an-
zuerkennen braucht, ob der Dritte die Eigenschaft des Gegners als Vollkaufmann
(im Falle des § 2 bei unterbliebener Bekanntmachung, dagegen nicht im Falle des
§ 1, anders Wiegand a. a. O. S. 14, 19) gegen sich gelten zu lassen hat usw.
7. Wirkung der Eintragung und Bekanntmachung. Wird die eintragungs-
bedürftige Tatsache, vorausgesetzt daß sie besteht, eingetragen und bekannt gemacht,
so ist sie zwar nicht offenkundig im Sinne der 3Z.P.O. § 2911), aber es muß ein
Düuter fi, gtgen sich gelten lassen, es sei denn, daß er sie weder kannte noch kennen
mußte. D. h.:
a) Auch hier ist notwendig Eintragung und Bekanntmachung. Die bloße
Eintragung genügt nicht, es fei denn, daß ausnahmsweise von der Bekanntmachung
abgesehen wird. (§88 162 Abs. 2, 3, 175).
1) Darum braucht das Prozeßgericht sie nicht zu kennen, es sei denn, daß es
mit dem Registergericht zusammenfällt (R.G.83. XIII S. 371). So würde das
Prozeßgericht vom Prokuristen Nachweis seiner Prokura verlangen können, das
Grundbuchamt könnte, wenn es das Registerzeugnis anzweifelt, andere Beweis-
mittel heranziehen (K.G. in Johow-Ring XXXIII A 153.)