Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

Nr. 1. 
Nr. 2. 
Nr. 3. 
138 I. Buch. Handelsstand. 527 (Nr. 1—3). 
schäfts 1903; Nelson, Haftung der Erben eines Handelsgeschäfts für die früheren 
Geschäftsperbindlichkeiten Wachsner in L.8. 1910, S. 381. Dazu die Literatur 
ei 8 25. 
1. Vorbemerkung. Nach bürgerlichem Recht sczediert der Erbe in die Ge- 
samtheit der Rechte und Verbindlichkeiten des Erblassers. Die Geschäfts aktiva, 
insbesondere die Geschäftsforderungen gehen auf ihn mit allen übrigen Aktivis des. 
Nachlasses mit dem Anfall der Erbschaft über (B.G.B. 5 1942). Was die Ge- 
schäftspassiva betrifft, so tritt wie bei sonstigen Schulden des Nachlasses eine 
Beschränkung seiner Haftung auf den Nachlaß dann ein, wenn Nachlaßverwaltung 
oder Nachlaßkonkurs eröffnet ist. Bei Mehrheit der Erben haften die Erben bis zur 
Teilung des Nachlasses als Gesamtschuldner, wie sie andererseits die Forderungen des 
Nachlasses als Gesamtgläubiger derart besitzen, daß nur an alle zusammen geleistet 
werden kann (B. G.B. § 2032). Führen die mehreren Erben das Geschäft über die zur 
Teilung erforderliche Zeit ungetrennt fort, so kann darin die Eingehung einer 
offenen Handelsgesellschaft liegen (darüber bei § 105 Nr. 1). — Nach erfolgter Teilung 
reguliert sich die Haftung der einzelnen Erben aus B. G. B. § 2060. Hat kraft 
Erbteilung einer der mehreren Erben das Geschäft übernommen, so gilt dies als 
Erwerb unter Lebenden, auf den die Vorschriften des § 25 Anwendung finden. — 
Ueber den Einfluß der Erbfolge auf schwebende Prozesse und auf die Vollstreckung 
Z. P. O. 8§§ 239, 243, 246, 727, 728, 731, (dazu Staub-Bondi § 17 Anm. 45, 46). 
2. Tragweite des § 27. 5 27 enthält. gegenüber dem bürgerlichen Recht eine 
Sonderbestimmung!) lediglich bezüglich des Uberganges von Pass ivis, nicht von 
Aktivis auf den Erben und auch nur von Geschäftspassivis, nicht von sonstigen 
Passivis (über den Begriff der Geschäftspassiva bei § 25 Nr. 2; denn es liegt kein 
Grund vor „frühere Gesthässverbindlichrellern anders zu fassen, als den dort 
formulierten Begriff). Diese Sonderbestimmung betrifft auch nur den Fall, daß 
das Geschäft eines Einzelkaufmanns auf den oder die Erben übergeht. Handelt 
es sich um die Fortsetzung der Handelsgesellschaft mit den Erben eines Gesell- 
schafters, so normieren die §§ 139, 161 Abs. 2. Die Sonderbestimmung verschärft 
die Haftung der Erben. Der Erbe (auch der Vor= und Nacherbe B. G. B. § 2139, 
hierzu K.G. in O. L. G. Rspr. IV S. 456), der das zum Nachlaß gehörige, also z. B. 
auch dem Erblasser verpachtete, Geschäft fortführt, haftet unter gewissen Voraus- 
setzungen unbeschränkt für sämtliche Geschäftspassiva des Erblassers (ebenso für die 
vom Testamentsvollstrecker, Nachlaßverwalter, Vorerben inzwischen eingegangenen) 
ohne Rücksicht darauf, ob Inventar errichtet ist oder nicht, die Geschäftsgläubiger 
können ihn belangen ohne Rücksicht auf etwa ergangene Aufgebote und haben 
Vollstreckung in sein ganzes Vermögen, nicht bloß in das Geschäftsvermögen. 
3. Voraussetzungen des § 27. Die Voraussetzungen des § 27 sind: 
a) Entweder der Erbe hat das Geschäft unter eigenem Namen fort- 
geführt?) worin noch nicht eine Annahme der Erbschaft zu erblicken ist (anders 
für die Regel Staub.- Bondi Anm. 6). Dann haftet er unbeschränkt nur dann, 
wenn ein besonderer Verpflichtungsgrund vorliegt, insbesondere er die Ubernahme 
der Geschäftspassiva in handelsllblicher Weise kundgemacht hat. Hier liegt im 
Grunde gar keine erbrechtliche Haftung vor, sondern eine Haftung aus selbständigem 
1) Daß der Erbe, wenn er (vor oder nach Erwerb der Erbeneigenschaft) 
sich durch Schuldübernahme, Bürgschaft oder dergl. selbständig verpflichtet hatte, 
haftet, brauchte das Gesetz nicht zu sagen. Hier gilt das bei § 25 Nr. 10 Be- 
merkte zum Teil. Vgl. O. L.G. Hamburg in Seuffert LXV. Nr. 135. 
2) Ist sein eigener Name mit der Geschäftsfirma übereinstimmend, so wird 
man im Zweifel anzunehmen haben, daß er das Geschäft in eigenem Namen fort- 
führt. (a. A. Staub-Bondi Anm. 17, weil die Annahme, daß der Erbe die 
Firma des Erblassers fortführe, für den Erben günstiger sei, wegen der Uber- 
legungsfrist des Abs. 2. Diese Auffassung hängt mit der oben bekämpften zusammen, 
daß in der Fortführung des Geschäfts ohne die Firma des Erblassers regelmäßig 
eine Annahme der Erbschaft zu erblicken sei. Die hier vertretene Ansicht entspricht 
dem Grundgedanken des B.G.B. 8 164 Abs. 2).
	        
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