Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

527 (Nr. 3—4). 3. Abschnitt. Handelsfirma. 139 
Verpflichtungsgrunde. Der Erbe haftet als selbständiger Promittent. Voraus- 
setzung der Promittentenhaftung ist aber nach § 27, daß er endgültiger Erbe ge- 
worden ist und es bleibt, daß er also das Ausschlagsrecht nicht mehr besitzt, daß 
er die Erbschaft angenommen hat. Solange er seine Erbeneigenschaft noch rückgängig 
machen kann durch Ausschlagung der Erbschaft, wäre es sinnlos, von einer Erben- 
haftung zu sprechen. Tatsächlich erledigt sich die Frage, ob er endgültiger Erbe ge- 
worden ist, für den Fall der Kundmachung der Possivenübernabme, da in dieser 
(auch ohne Eintragung des Erben) stets die Erklärung der Annahme der Erbschaft 
durch den Erben liegen wird. Die unbeschränkte Haftung für die Geschäftspassiva 
kann der Erbe nicht meßr rückgängig machen, sie at eine endgültige. Die be- 
schränkte Haftung für die onstigen Passiva des Erblassers bleibt davon unberührt. 
— Was für den Erben gilt, gilt für die mehreren Erben, die als offene Handels- 
gesellschaft unter eigener Firma das Geschäft fortführen. 
b) Oder der Erbe, bez. sein Vertreter, (dagegen nicht der Nachlaßkonkurs= Nr. 4. 
verwalter, Testamentsvollstrecker) hat (bezw. die Erben haben) das Geschäft 
unter der alten Firma ohne oder mit einem das Nachfolgeverhältnis andeutenden 
Zusatz (6 22 Abs. 1) fortgeführt. — Unter Fortführung ist zu verstehen die Fort- 
setzung der werbenden Tätigkeit des Betriebes in eigenem Namen, wobei un- 
erhebliche zeitliche Unterbrechungen ebensowenig hinderlich sind wie der Umstand, 
daß zwischen dem Tode und der Fortführung eine Geschäftsführung durch Testaments- 
exekutoren oder Nachlaßverwalter stattgefunden hatte. Ob die Fortführung durch 
den Erben in Person oder durch seinen gewillkürten oder gesetzlichen Vertreter 
erfolgt, ist gleichglltig. Auch Anderungen in der Betriebsweise schließen den Begriff 
der Fortführung nicht aus, Einschränkungen, z. B. durch Aufgabe einer Zweignieder- 
lassung, ändern an der Fortführung nichts. — Liegt solche Fortführung vor, so soll auch 
eine unbeschränkte Haftung für die Geschäftspassiva eintreten, aber sie soll nicht endgültig 
mit dem Moment der Virmenfortfübrung eintreten, sondern sie soll erst dann eintreten, 
wenn der Erbe nicht innerhalb der gesetzlichen Frist die Fortführung des Geschäftes ein- 
stellt lder Vormund des Erben soll dazu die Genehmigung der Obervormundschaft 
einholen B.G.B. 5 1823). In der Zwischenzeit herrscht binsichtlich der durch 
§27 betroffenen Haftung ein Ungewißbheitszustand, so daß Zugriffe (vol. 
Z..O. § 778 Abs. 1) auf Grund von 5 27 gegen den Erben nicht zulässig sind 
(v#gl. R.G.8. LX S. 179; es liegt weder schwebende noch auflösende Bedingung vor). 
Beschränkt sich die Fortführung nur auf eines von mehreren Geschäften des Er. 
blassers, so gilt nur für dieses §& 27, beschränkt sie sich nur auf eine Zweignieder- 
lassung, so wird es Tatfrage sein, wieweit noch von „Handelsgeschäft“ die Rede 
sein kann. Es wäre entspr. dem bei § 22 Bemerkten denkbar, daß der Erbe die 
Zweigniederlassung zu einem selbständigen Geschäft erhebt. — Im übrigen, zumal 
mit Bezug auf die Besorgung erbschaftlicher Geschäfte und die Verfügung über 
Nachlaßgegenstände kommt es ganz darauf an, ob der Erbe die Erbschaft im ganzen 
bereits angenommen hatte oder noch vor der Ausschlagung steht. Denn in der 
Fortführung des Geschäfts mit der alten Firma liegt nicht notwendig eine Annahme 
der Erbschaft. Hierzu bedarf es besonderen Verhaltens, z. B. der Bewirkung der 
Eintragung in das Handelsregister (unten Nr. 5, dagegen Staub-Bondi Anm. 10). 
Hat der Erbe die Erbschaft angenommen, so sind seine Verfügungen und Geschäfts- 
besorgungen schlechthin wirksam, steht er noch vor der Ausschlagung, so greift 
B. G. B. 5 1959 Platz. — Führt der Erbe nach Ablauf der Frist das Ge- 
schäft unter der alten Firma fort, so gilt die unbeschränkte Haftung des 5 27 
rückwärts als mit dem Anfall der Erbschaft eingetreten, der Erbe kann sich nicht 
etwa auf § 2014 B.G.B. berufen (O.L.G. Breslau bei Kaufmann III S. 31), er 
haftet unbeschränke für alle Geschäftsverbindlichkeiten, soweit sie dem Erben über- 
haupt zur Last fallen. Der Erbe hat dann die Haftung des Erblassers fort- 
gesetzt, seine Haftung ist demgemäß Folge seiner Erbeneigenschaft (nicht, wie 
Bolte und Stegemann wollen, Haftung aus Schuldübernahme; bei gegenfeitigen 
Verträgen des Erblassers würde also die Gegenleistung stets in den Nachlaß 
fallen, anders Bolte S. 439). Die Haftung aus § 27 unterscheidet sich von der 
Erbenhaftung des bürgerlichen Rechts nur dadurch, daß sie nicht eine Universal- 
sukzession in alle Schulden des Erblassers, sondern nur eine Sukzession in die 
Gelts ulden darstellt. Hinsichtlich der sonftigen Schulden des Erblassers bleiben 
die Rechtssätze des bürgerlichen Rechts maßgebend, sodaß der Erbe möglicher- 
 
	        
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