Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

Nr. 7. 
Nr. 8. 
Nr. 9. 
200 I. Buch. Handelsstand. § 54 (Nr. 6—9). 
Aber auch hier wird man nach der Wichtigkeit zu unterscheiden haben (Brand 
Anm. 2, S. 178, R.G.3. LXI S. 127 geht hierin zu weit). 
Ebensowenig läßt sich ein Rechtssatz aufstellen, daß der Prinzipal für jedes 
unredliche Verhalten der Angestellten im Geschäft aufzukommen habe (R.G. 3. XLIII 
Nr. 49, O. L. G. Hamburg im B. A. VIII S. 60, Düringer-Hachenburg! S. 346). 
Nach dem B. G. B. kann eine Vollmacht erteilt werden an die Adresse des zu 
Bevollmächtigenden oder an die Adresse des Dritten, dem gegenüber die Vertretung 
stattfinden soll (B.G.B. § 167). Die Erteilung kann kundgegeben werden oder 
nicht (B. G. B. § 171). § 54 setzt nun für seine Anwendbarkeit voraus, daß die 
Vollmacht entweder durch Erklärung gegenüber dem Dritten erteilt oder daß sie 
Dritten kundgegeben ist, sei es in der Form besonderer Mitteilung an einen Dritten 
oder mehrere Dritte, sei es in der Form der öffentlichen Bekanntmachung (durch 
Annonzierung, Versendung von Zirkularen usw.), sei es endlich in der Aushändigung 
einer Vollmachtsurkunde an den Bevollmächtigten, die dieser dem Dritten vorlegt 
(B. G. B. §. 172, nicht genügt, daß der angebliche Vertreter sich auf eine in seinen 
Händen befindliche Vollmachtsurkunde beruft, R.G. Z. LVI Nr. 16, hierzu Düringer- 
Hachenburg l S. 355 f.). Denn nur auf derartige Fälle ist die Umschreibung des 
Umfanges der Vollmacht mit der im Abs. 3 normierten Wirkung berechnet (ebenso 
Düringer. Hachenburg Annm. 9). 
8. Umfang der Handlungsvollmacht. Die Handlungsvollmacht hat regel- 
mäßig keinen absoluten Umfang. Sie kann beliebig gestaltet und umgestaltet werden. 
Die Umgestaltung wirkt gegen den Dritten freilich nur dann, wenn der Dritte sie 
kennt oder kennen muß (Abs. 3). Eine Ausnahme gilt im Versicherungsrecht für 
die Hauptbevollmächtigten ausländischer oder außerbundesstaatlicher Versicherungs- 
unternehmungen (V.A.G. §§ 86 Abs. 2 Nr. 3, 115 Abs. 2). » 
Der Umfang der Handlungsvollmacht ist nach § 54 ein gesetzlicher, nicht bloß 
ein präsumtiver (vgl. Cofack S. 97). Das Gesetz stellt Normaltypen von Hand- 
lungsvollmachten mit einem bestimmten Umfang auf, dessen Einschränkung nur dann 
egen den Dritten wirkt, wenn dieser die Einschränkung kennt oder kennen muß. 
er Dritte hat eine Erkundigungspflicht nur hinsichtlich des ihm entgegengebrachten 
Vollmachtstypus. 
9. Generalhandlungsvollmacht, Spezialhandlungsvollmacht, Ein- 
zelhandlungsvollmacht. 
a) Generalhandlungsvollmacht, d. h. Vollmacht zum Betrieb der konkreten 
Handelsgewerbes, sei es des ganzen Handelsgewerbes, sei es einer von mehreren 
Niederlassungen des Prinzipals. Dieser Typus liegt vor, weun der Prinzipal eine 
Pe für das Handelsgewerbe, bezw. die Niederlassung erteilt, die sich einer- 
seits nicht als Prokura darstellt, andererseits den Bevollmächtigten nicht auf be- 
stimmte Arten von Geschäften beschränkt (Behrend S. 370, vgl. Bolze VII 
Nr. 344). Solche Vollmacht erstreckt sich auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, 
die der Betrieb eines derartigen Handlungsgewerbes, bezw. einer derartigen Nieder- 
lassung gewöhnlich (nicht alltäglich O. L. G. Stuttgart in Z. XLII S. 511) mit sich 
bringt. Im Gegensatz zu der Prokura ist der Maßstab also nicht ein absoluter, 
sondern ein relativer, wie beim Institor (I. 5 § 11, D. 14, 3, R.O. H.G. VI Nr. 15). 
Geschäfte und Rechtshandlungen, die inkommerziell oder zwar kommerziell aber un- 
gewöhnlich für einen derartigen Geschäftsbetrieb sind, fallen nicht darunter. So 
würde z. B. die Versicherung von Arbeitern gegen Berufsunfälle regelmäßig, gegen 
Unfälle außer dem Berufe unregelmäßig sein (O.L.G. Karlsruhe in Bad. An 06 
S. 107), der Vertrag auf Lieferung einer Seilbahn für ein Steinkohlenbergwerk 
unregelmäßig sein (R.G. in J. W. 04 S. 475 20). Auch die Ausbedingung einer 
Konventionalstrafe wird zu den ungewöhnlichen Geschäften zu zählen sein (O.L.G. 
Karlsruhe in Bad. Rpr. 1911 S. 206). Wer behauptet, daß die Vollmacht sich auf 
unregelmäßige Geschäfte erstrecke, hat den Beweis zu führen, die Angaben des Vertreters 
dürfen ihm nicht genügen (O.L.G. Breslau im Recht 05 S. 568 Nr. 2344.). Dabei ist die 
Grenze zugunsten der Vollmacht zu ziehen. Zunächst hinsichtlich des Handels- 
gewerbes. Hat der Prinzipal in seinem Gewerbe nachweisbar gewöhnlich Geschäfte 
Eschlossen, die sonst einem derartigen Gewerbe fremd sind, so kann sie auch der 
eneralhandlungsbevollmächtigte schließen (R.O. H. G. VI S. 154). Es bedarf 
dann nicht erst des weiteren Requisites, daß auch andere Kaufleute ihr Geschäft 
 
	        
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