Nr. 1.
Nr. 2.
Nr. 3.
206 I. Buch. Handelsstand. 5 56 (Nr. 1—3).
Entw. I § 52, II § 55; Denkschr. I S. 53, II S. 3165; A. D. H.G.B. Art. 50.
Der § 56 umgrenzt die Vollmacht der in einem Laden oder offenen Waren-
lager Angestellten.
1. Angestellte. Unter Angestellten im Sinne dieses Paragraphen sind keines-
wegs nur die in einem Dienstverhältnis zum Prinzipal stehenden Personen zu verstehen,
vielmehr alle diejenigen, die mit Willen des Prinzipals eine Tätigkeit darin ausüben, die
sie nach objektiver Auffassung als zum Verkehr mit dem Publikum geeignet erscheinen
läßt (z. B. auch die Ehefrau, Busch XXXIX S. 195). Weiter zu gehen und auch solche
Personen darunter zu begreifen, die ohne Wissen des Prinzipals sich als Angestellte
gerieren, die den Anschein des Angestelltseins erwecken (Behrend §5 53 Anm. 26)
geht nicht an, denn §5 56 umgrenzt nur den Umfang einer wirklich erteilten Voll-
macht. er als falsus procurator, z. B. indem er sich einschleicht, auftritt, für
den kann der Prinzipal nicht aus § 56, wohl aber möglicherweise aus dem Ge-
sichtspunkt eigener Verschuldung aufkommen. Die Anstellung kann mit auesdrück.
lichen Worten, sie kann aber auch stillschweigend erfolgen, indem der Prinzipal weiß
und duldet, daß eine Person die Funktion eines Angestellten, sei es kürzere, sei es
längere Zeit, ausübt. Eine stillschweigende Anstellung ist sogar schon dann anzu-
nehmen, wenn der Prinzipal einer Person, die nicht an sich Merkmale des Gegen-
teils trägt, gestattet, sich im Laden oder offenen Warenlager aufzuhalten, ohne das
Publikum darauf aufmerksam zu machen, daß die Person nicht angestellt sei, denn
der Prinzipal muß sich darüber klar sein, daß das Publikum nicht in der Lage ist,
zu unterscheiden, ob er dem anderen einen wirklichen Geschäftskreis übertragen hat
oder nicht. Wenn der Prinzipal jemandem die Erlaubnis zum Aufenthalt in
einem zum Verkehr mit dem Publikum bestimmten Raum erteilt, so kann er rein
interne Vorbehalte nicht Dritten gegenüber zur Geltung bringen. Die Willens-
erklärung ist auch hier so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die
Verkehrssitte zu erfordern. Zahlt das Publikum an derartige oder kauft es von der-
artigen Personen, so ist der Prinzipal gehalten, die Rechtshandlung anzuerkennen.
Anders, wenn die Person äußerlich sich als solche darstellt, der anders geartete Vor-
richtungen obliegen, z. B. Aufscheuerfrau, Packträger, Rollkutscher, Arbeiter, Portier,
oder die umgekehrt nichts mit der geschäftlichen Tätigkeit zu tun hat, z. B. als Be-
suchender, als Kunde, als Hausierer (vgl. Hahn § 4 v. Art. 50). Bei Beurteilung solcher
Momente kann auch die Zeit, in der das Lokal besucht wird, eine Rolle spielen.
Kommt jemand vor Beginn der üblichen Geschäftsstunden oder in später Abend-
stunde in das Lokal, ohne daß in den Verhältnissen (Meßzeit, Weihnachtszeit) die
Annahme eines früheren Beginnes oder eines späteren Schlusses der Geschäftszeit ge-
rechtfertigt ist, so darf er nicht ohne weiteres den Schluß ziehen, daß die im Lokal
anwesenden Personen Angestellte sind (v. Hahn § 4 z. Art. 50).
2. Laden, offeues Warenlager. Die Anstellung muß erfolgt sein im Laden
oder offenen Warenlager, also in Räumlichkeiten, die auf den Absatz bezw.
Empfangsverkehr, zumal (nicht bloß) Kleinverkehr mit dem Publikum, berechnet
sind. Unter Laden ist jedes Verkaufslokal (Puchelt-Förtsch zu Art. 50 Nr. 3),
Fleichgültig ob es in Gestalt eines Hausraumes oder einer Bude oder einer offenen
erkaufsstelle auftritt, zu verstehen, auch Bierstuben, Konditoreien, Kaffees, Selter-
wasserbuden würden hierher gehören (Allfeld S. 295, R.G.Z. LXIX Nr. 70). Dabei
ist es an sich gleichgültig, ob die Tür offen ist oder erst geöffnet werden muß
(vgl. oben S. 111 Nr. 2). Offenes Warenlager ist das in erster Linie zur Empfang-
nahme, möglicherweise aber auch zum Verkaufe dem Publikum offen stehende Lager,
dagegen nicht der verschlossene Vorratskeller. Sonstige Geschäftsräume kommen für
56 auch dann nicht in Betracht, wenn sie dem Publikum offen stehen, z. B.
abrikräume, Kontors, Bureauräume (Bureau eines Bankgeschäftes? R.O. H.G. XII
Nr. 11), Räume, die lediglich Reklamezwecken dienen, doch ist möglich, daß die
dort Angestellten aus § 54 heraus als Bevollmächtigte anzusehen sind (zur Kafuistik
Bolze III Nr. 432).
3. Umfang der gesetzlichen Ermächtigung. Die gesetzliche Ermächtigung er-
streckt sich nur auf Verkäufe und Empfangnahmen (zumal von Geld), dagegen
nicht auf andere Rechtsakte, also z. B. nicht auf Ankäufe von Waren, auf Ein-
lösung oder Akzept von Wechseln, auf Anderungen früherer Vertragsbedingungen.
Verkauf und Empfangnahme muß ferner im Laden, bezw. Warenlager, nicht