Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

§ 59 (Nr. 1—3). 6. Abschnitt. Handlungsgehilfen und Handlungslehrlinge. 211 
halten können. — Der Vertrag ist stets Dien stvertrag, nicht unter die Anstellung 
fällt also die vertragsmäßige Ubernahme kaufmännischer Dienstleistungen kraft 
Gesellschaftsvertrages, diese ist Beitrag (B.G.B. § 706 Abs. 3). Doch ist nicht 
ausgeschlossen daß dem Gesellschaftsvertrag ein Dienstvertrag fur Seite geht 
(O..G. Ul S. 136), so insbesondere bei der stillen Gesellschaft, bei der der Stille 
zugleich Handlungsgehilfe des Inhabers sein kann. — Der Angestellte muß ferner 
ein Gehilfe des Chefs werden sollen, ohne daß freilich notwendig ist, daß er in 
den Räumen des Prinzipals arbeitet (R.O.H.G. VII S. 301) und ohne daß im 
Wege steht, daß er daneben selbständiger Kaufmann ist (vgl. § 60 H. G. B., R.G. 
in J.W. 07 Nr. 14) oder einzelne Geschäfte selbständig für eigene Rechnung vor. 
nimmt (Buffetier einer Gastwirtschaft, der einzelne Getränke selbständig vertreibt, 
O.L. G. Naumburg in Seuffert LVII Nr. 210) oder für fremde Rechnung besorgt 
(angestellter Reisender, der zugleich für andere Firmen Mitbesorgungen übernimmt 
oder Vertreter einer Filiale, der zugleich fÜr gewisse Artikel als Agent oder Kom- 
missionär seines Prinzipals auftritt O. L. G. Kolmar in L. Z. 1913 S. 950.) Ja es ist 
sogar denkbar, daß er infolge seines Auftretens nach außen sich Dritten gegenüber 
als Inhaber des Geschäfts behandeln lassen muß (oben § 1 Nr. 10), während er in 
Wahrheit nur Handlungsgehilfe des eigentlichen Inhabers ist. — Nicht angestellt 
sind darnach diejenigen Organe einer juristischen Person, welche für die körper- 
schaftliche Struktur unerläßlich sind, insbesondere der Vorstand, Aufsichtsrat, die 
Liquidatoren. (Auch die Liquidatoren einer offenen Handelsgesellschaft sind nicht 
Handlungsgehilfen (R. G. Z. in D.J.Z. 1 S. 57, O. L.G. Hamburg in O.L.G. Rspr. 
XVI S. 92). Denn wie sie Bestandteil des körperschaftlichen Gesamtorganismus sind, 
so fehlt ihnen die Gehilfeneigenschaft, sie haben keinen Chef über sich, dem sie Ab- 
hängigkeit und Gehorsam schulden (R.O. H. G. XIX Nr. 19, XXI Nr. 121, K.G. in 
Seuffert LXIII Nr. 258). Ob sie in das Handelsregister eingetragen sind, ist 
Leeichgüleig, Ihre Pflichten regeln sich nach besonderem Recht, in letzter Linie nach 
B. G. B. 5 27. Nicht ausgeschlossen ist natürlich, daß eine Körperschaft Handlungs- 
ehilfen anstellt, z B. Betriebsdirektoren, Buchhalter, Korrespondenten, Reisende, 
a es wäre sogar nicht undenkbar, daß ein Vorstandsmitglied selbständig nebenbei 
die Stelle eines Handlungsgehilfen hätte (R.O. H. G. XIX Nr. 18). — Nicht angestellt 
sind ferner Agenten, sei es ständige Handlungsagenten, sei es solche, die für das 
roße Publikum ihre Dienste bereit halten. Diese sind selbständige Gewerbebetreibende 
Auf den Namen „Agent“ kommt es dabei nicht an. Vgl. unten bei § 84. — 
Ebensowenig sind angestellt Bücherrevisoren, Treuhandgesellschaften u. dgl., die ein 
Gewerbe daraus machen, die Buchführung zu revidieren. — Der Angestete muß 
Gehilfe des Chefs sein, der von einem Gehilfen selbst zu seiner unterstützung durch 
besonderen Vertrag Angestellte ist nicht Handlungsgehilfe des Prinzipals (O.L.G. 
Frankfurt in Z. XXXVII S. 533). 
b) Handelsgewerbe. Die Anstellung muß in einem Handelsgewerbe erfolgt 
sein, gleichgültig welcher Art und gleichgültig ob dem eines Voll= oder Minderkauf- 
manns. Nur fallen bei letzterem gewisse kaufmännische Dienste (Buchführung) fort 
und es wird sich hauptsächlich meist um Gewerbegehilfen handeln. Somit sind 
nicht Handlungsgehilfen Büreauvorsteher eines Rechtsanwalts, Rendant einer 
städtischen Sparkasse, Buchhalter landwirtschaftlicher Kreditinstitute und dergl. mehr, 
selbst wenn ihre Dienste einen kaufmännischen Charakter tragen. Doch ist die Be- 
eutung des 5 5 hierbei zu beachten und natürlich können die Parteien die gleichen 
Rechtsfolgen vereinbaren (O.-L.G. Karlsruhe im Recht 04 S. 171 Nr. 845). — 
Bei Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesell- 
schaften m. b. H. wird stets Handelsgewerbe anzunehmen sein, gleichgültig, welches 
der Gegenstand des Unternehmens ist (vgl. 58 210 Nr. 5), so daß hier, falls die 
Dienste kaufmännische sind, Handlungsgehilfen gegeben sind. Ferner werden auch 
die Angestellten von eingetragenen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (§ 17 
Gen.G.) und größeren Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit (V. A.G. F 16) 
Handlungsgehilfen sein können. 
c) Gegen Eutgelt. Eine Vergütung ist begriffswesentlich. Fehlt sie (so fast 
stets beim Volontär, d. h. einer wissenschaftlich oder auch kaufmännisch vorgebildeten 
Person, welche behufs Gewinnung kaufmännischer Ubersicht in ein Subordinations- 
verhältnis zum Prinzipal tritt), so liegt nach Lage des Falls ein Auftrag (so 
14“ 
Nr. 2. 
Nr. 3.
	        
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