5 59 (Nr. 7—8). 6. Abschnitt. Handlungsgehilfen und Handlungslehrlinge. 215
während der Inhaber der elterlichen Gewalt auch diesenfalls die Genehmigung frei
erteilt (B.G.B. 5 1643, vgl. jedoch für den Fall, daß der Mutter ein Beistand be-
stellt ist, B.G. B. §5 1690). Der gepliche Vertreter kann den Minderjährigen er-
mächtigen zur Abschließung von Dienstverträgen (vgl. darüber B.G.B. 5 113). Für
Efefrauen ist B.G.B. § 1358 in Betracht zu ziehen. Nichts mit der Fah keit zum
Abschluß des Dienstvertrages haben die S§ 44 a, 45, 55 f., 60 4 der G.O. sowie
Dör engesetz § 32 Abs. 2, Stellenvermittlergesetz § 3 Abs. 5, Reichsbeamtengesetz * 16
zu tun.
Der Vertrag untersteht den allgemeinen Erfordernissen. Er ist nichtig, wenn Nr. 73.
er gegen die guten Sitten verstößt, z. B. der Gehilfe auf Anteil am Gewinn nur
gegen entsprechende Tragung des Verlustes vertröstet (R.G. in L. Z. 1910 S. 298)
oder gegen zu niedrigen Lohn (Hungerlohn) oder unter Verpfändung des Ehren-
wortes wie hoher Vertragsstrafe auf weitgehendste Schweigepflicht engagiert wird
(R.G. Z. LXVIII Nr. 58, LIXXIV Nr. 93, L. Z. 1912 S. 302, O.L. G. Dresden in
Seuffert LXVII Nr. 104). Vgl. Seelmann im Recht 04 S. 440, Kasuistik bei
Staub-Bondi Anm. 33. Umgekehrt kann das Ausbedingen besonderer Provision
für an sich pflichtschuldige Handlungen durch den Gehilfen u. U. gegen die guten
Sitten verstoßen (O. L.G. Dresden in O. L.G. Rspr. V S. 109).
Z 3. Dienstleistungen. Über Art und Umfang der Dienstleistungen entscheidet Nr. 8.
in erster Linie der Vertrag,') eventualiter Ortsgebrauch, d. i. Ortsüsance, nicht
örtliches Gewohnheitsrecht und zwar Usance des Erfüllungsortes, als welcher
regelmäßig der Ort der Handelsniederlassung des Prinzipals zu gelten hat, in letzter
Linie (abweichend von B.G.B. § 316) das arbiträre Ermessen des Richters unter
Zuziehung von Sachverständigen. Andere als kaufmännische Dienstleistungen
(Gesindedienste, Dienste für die Frau des Prinzipals) braucht der Handlungsgehilfe
jedenfalls nur dann zu leisten, wenn dies vereinbart ist (vgl. Seuffert XXXIII
S. 385). Doch wird über die Abgrenzung der kaufmännischen von den nicht-
kaufmännischen Dienstleistungen nicht selten der Ortsgebrauch zu Rate zu ziehen
sein, nach dem die Linie weiter (bei Detailgeschäften) oder enger gezogen werden
kann (zur Kasuistik Horrwitz S. 42). Auch kaufmännische Dienste braucht er nur
für dasjenige Geschäft, für das er engagiert ist (praktisch bei mehreren Geschäften
desselben Chefs) zu leisten. Wie weit der für eine bestimmte Art von kauf-
männischen Dienstleistungen, z. B. für den Verkauf, die Korrespondenz, das Reisen
kugagierte Gehilfe im Bedürfnisfalle auch andere Arten kaufmännischer Dienst-
leistungen zu übernehmen hat, wird sich, falls weder Vertrag noch Ortsgebrauch?)
Anhaltspunkte ergeben, nach der Art des Geschäftsbetriebes, den Fähigkeiten und
dem Alter des Angestellten usw. richten. Bei kleineren Betrieben wird die Annahme
einer eventuellen Pflicht zur Aushilfe eher Legeben sein, als bei großen Betrieben
mit stark differenzierten Stellungen; doch wird im Notfall sie auch bei letzteren gegeben
sein (R. G. in L. Z. 1913 S. 475 vgl. Kaufm.-G. Berlin in D. J.Z. 08 S. 1352).
Stets aber wird eine Aushilfspflicht nur für vorübergehende Zeit und unter
entsprechender Entlastung von anderen Arbeiten sich annehmen lassen, denn mehr
als die versprochenen Dienste braucht er nicht zu leisten (vgl. Dove-Meyerstein
J 1) Wobei für die Auslegung der Umstand, das es regelmäßig der Prinzipal
ist, 5 die Bedingungen diktiert, gegen den Prinzipal zu verwerten ist (R. O. H. G. XVII
Nr. 5).
· 2) Uber die Dienstleistungen des Handelsreisenden enthält reiches Material
die Zusammenstellung bei Apt 1 S. 26ff., 409, 236. Danach ist es in Berlin
Handelsgebrauch, daß der Stadtreisende wenigstens mehrere Male in der Woche
im Geschäft des Prinzipals erscheint und über das Ergebnis seiner Tätigkeit berichtet,
der Fernreisende hat zweimal wöchentlich Bericht zu erstatten und die Kommissions-
kopien unverzüglich einzusenden (Jahrb. des Kaufm.-G. Berlin I S. 255). Ein mit
festem Gehalt angestellter Reisender hat während der Zeit, wo er nicht reist, die
Geschäftsstunden regelmäßig im Geschäft zuzubringen und besonders solche Arbeiten
zu leisten, die im Zusammen ange mit seiner Reisetätigkeit stchen, Wohnt der Reisende
selbst an einem anderen Ort, so braucht er dagegen nicht sich, ohne zu reisen, dauernd
beim Prinzipal aufzuhalten, er braucht, gegen Erstattung der ihm erwachsenden
Kosten, nur einmal in jeder Saison zum Prinzipal zu reisen, um sich mit ihm zu