2 I. Buch. Handelsstand. l 1.
Erster Abschnitt.
Kaufleute.
Vorbemerkung.
1. Mit der Begriffsbestimmung des Kaufmanns setzt das Gesetzbuch
ein. Sie findet sich im ersten Absatz des §5 1. Der § 1 Abs. 2, die §5 2, 3 führen die
Definition, die am Eingang des Gesetzbuches steht, durch Abgrenzung des Handels-
ewerbs begriffs weiter durch. Aber das Hanbelsgewerbe ist nur ein wichtiges
lied in der Wortreihe des § 1 Abs. 1. § 1 Abs. 1 ist der die Materie beherr-
schende Satz, die folgenden Sätze sind ihm untergeordnet, weil sie ihn erläutern.
Korrekter wäre es gewesen, §5 1 Abs. 1 zu einem selbständigen Paragraphen zu
feseden und § 1 Abs. 2 von ihm zu trennen. An dem Sinn kann aber kein Zweifel
estehen.
2. § 1 Abs. 1 entspricht dem Art. 4 des alten H. G. B. Art. 4 stellte als Kauf-
mann hin, „wer gewerbemäßig Handelsgeschäfte"“ betrieb. Was „Handels-
geschäften seien, wurde an anderer Stelle (Art. 271 f.) bestimmt. § 1 Abf. 1 läßt
aufmann sein, wer ein „Handelsgewerbe'“ betreibt und bestimmt im Folgenden,
was „Handelsgewerbe“ ist.
Ges tode Abweichung beruht auf dem innerlich verschiedenen Ausgangspunkt beider
ese er.
Das alte H. G. B. ist von der Auffassung durchtränkt, daß das Handelsrecht
ein Sonder (-Spezialrecht) für die Tatbestände des Handels ist. Ihm ist der
Begriff des einzelnen Handelsgeschäfts nicht nur ein innerlich vom Handelsgewerbe
losgelöstrr (absolute Handelsgeschäfte), sondern ein den Kaufmannsbegriff geradezu
edingender.
Dem neuen H. G. B. ist das Handelsrecht prima facie Kaufmannsrecht,
absolute Handelsgeschäfte kennt es überhaupt nicht mehr, umgekehrt dehnt es den
Kaufmannsbegriff weit über seine früheren, natürlichen Grenzen aus. Der Begriff
der Handelsgeschäfte ist ihm ein vom Handelsgewerbe, d. h. dem Gewerbe des
Kaufmanns, abhängiger geworden. Kein Handelsgeschäft, das außerhalb
eines Handelsgewerbes steht. Bei radikaler Durchführung dieses Gedankens
wäre das Gesetzbuch zur Anerkennung nur akzessorischer Handelsgeschäfte
im Einne des § 343 gelangt und wäre §& 2 unter Streichung von § 1 Abs. 2 zur
allein maßgebenden Norm für den Begriff des Handelsgewerbes erhoben worden.
Das Gesetzbuch hat es aber nicht gewagt, die letzten Folgerungen seiner Grundauf.
fassung zu ziehen. Es hat die Kategorie der sg. subjektiven Grundhandelsgeschäfte
beibehalten und so zwei Arten von Kaufleuten geschaffen, solche kraft gewerbemäßigen
Betriebes von Grundhandelsgeschäften (§ 1 Abs. 2) und solche kraft Registrierung
9i 2, 3). Damit hat es trotz Streichung der absoluten Handelsgeschäfte bei den
inderkaufleuten stets, bei den Vollkaufleuten vielfach die Abhängigkeit des Kauf-
mannsbegriffs von dem Gegenstand seines Gewerbes, somit also von den Handels-
eschäften, aufrecht erhalten. Wohl aber rechtfertigt sich durch den Standpunkt des
esetzbuches die äußere Voranstellung des Handelsgewerbes und die Unterbringung
der Grundhandelsgeschäfte an dieser Stelle (Denkschr. I S. 12, II S. 3145).
§ 1.
Kaufmann im Sinne dieses Gesetzbuchs ist, wer ein Handelsgewerbe
betreibt.
Als Handelsgewerbe gilt jeder Gewerbebetrieb, der eine der nach-
stehend bezeichneten Arten von Geschäften zum Gegenstande hat:
1. die Anschaffung und Weiterveräußerung von beweglichen Sachen
(Waren) oder Wertpapieren, ohne Unterschied, ob die Waren
unverändert oder nach einer Bearbeitung oder Verarbeitung weiter
veräußert werden;