Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

Nr. 7. 
Nr. 1. 
Nr. 2. 
228 I. Buch. Handelsstand. § 62 (Nr. 6—-7), 5 63 (Nr. 1—2). 
(praktisch für weibl. Handlungsgehilfen, Staub-Bondi s 62, Anm. 11). Doch sind 
jetzt die Vorschriften der R. V.O. 85 1542, 1543, sowie des A.V.G. § 91 zu beachten, 
nach denen der Anspruch des Versicherten auf die Träger der Vericherung insoweit 
übergeht, als fie den Entschädigungsberechtigten zur Gewährung von Leistungen 
verpflichtet sind; ferner bei Unfällen der § 898 R.V.O., der eine Ersatzpflicht nur 
bei vorsätzlicher Herbeiführung des Unfalls anerkennt und auch diese beschränkt. — 
Für alle Fälle des § 62 aber gilt, daß der Gehilfe so lange nichts zu leisten braucht, 
als nicht der Prinzipal die ihm obliegende Leistung gewährt, vorausgesetzt, daß nach 
Lage des Falles dem Gehilfen nicht angesonnen werden kann, unter den obwaltenden 
Umständen seine Dienste zu verrichten (kleine Nachlässigkeiten des Herrn werden 
nicht zur Verweigerung des Dienstes berechtigen). Der Herr kann durch sein Ver- 
halten in Annahmeverzug (B.G. B. 5 298) und möglicherweise in Leistungsverzug 
eraten. Letzterenfalls kann der Gehilfe nach B.G.B. § 326 vorgehen. Uberhaupt 
Snd die Ansprüche des Gehilfen aus § 62 solche aus dem Dienstvertrage. Ob sie 
vor dem Kaufmannsgericht geltend gemacht werden können, ist freilich zweifelhaft. 
Zu den „Leistungen“ aus dem Dienstverhältnis im Sinne des § 1 Nr. 2 Kaufm.G.’G. 
lassen sie sich nur mittelbar zählen. R.G.Z. XLI S. 136 verneinte die Zuständigkeit 
des Gewerbegerichts für derartige Ansprüche. Das Entsprechende dürfte hier mit 
Düringer-Hachenburg Anm. 13 anzunehmen sein, ebenso Staub-Bondi 
Anm. 16 und K.G. in O.L.G. Rspr. XI S. 164, XV S. 39, anders O.L.G. Königs- 
berg im Recht 06, S. 755 Nr. 1819, Rosenberg in Ehrenbergs Pdb. I S. 500. 
5. Abs. 4 wiederholt B.G. B. § 619. Eine nachträgliche, d. h. nach Eintritt 
des Haftungsgrundes vorgenommene Einschränkung oder Beseitigung der Haftung 
ist ebenso zulässig als eine voufsehende Erweiterung sowohl mit Bezug auf die 
Pflichten des Prinzipals als die Höhe der zu leistenden Entschädigung als die Art 
der Leistung (B.G.B. 585 843 ff., 5 760). 
g 63. 
Wird der Handlungsgehilfe durch unverschuldetes Unglück an der 
Leistung der Dienste verhindert, so behält er seinen Anspruch auf Gehalt 
und Unterhalt, jedoch nicht über die Dauer von sechs Wochen hinaus. 
Der Handlungsgehilfe ist nicht verpflichtet, sich den Betrag anrechnen 
zu lassen, der ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer Kranken- oder 
Unfallversicherung zukommt. Eine Vereinbarung, welche dieser Vorschrift 
zuwiderläuft, ist nichtig. 
Entw. I § 58, II § 62; Denkschrift 1 S. 59, 60, II S. 3168; Komm. Ber. 
S. 3881 ff. A.D. H.G.B. Art. 60. 
1. Vorbemerkung. 8§ 63 enthält eine Ausnahme von dem Satze des 
bürgerlichen Rechts (B.G.B. 8 323 Abs. 1), wonach der Gehilfe, wenn die ihm 
obliegende Leistung durch Zufall unmöglich wird, den Anspruch auf die Gegen- 
leistung verliert. Er weicht andererseits vom B.G.B. s 616 ab, doch tritt er nicht 
völlig an die Stelle des letzteren. Soweit seine Voraussetzungen (unverschuldetes 
uUnglück) nicht zutreffen, greift B.G.B. § 616 ein. 
2. Unverschuldetes Unglück. Unter Unglück ist nicht jede Tatsache zu verstehen, 
welche „nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht vorauszusehen ist und den, 
Gehilfen dadurch, daß sie ihn an der Ausübung seiner Berufstätigkeit hindert, 
erwerblos macht“ (Behrend § 45 Anm. 37). Zu einer so allgemeinen Formulierung, 
liegt jetzt jedenfalls kein Grund mehr vor, seitdem B.G.B. 8 616 bei kasuellen Ver- 
Anderungsgründen für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit den Anspruch auf 
ergütung fortbestehen läßt. Es muß sich vielmehr um eine Tatsache handeln, die 
nach den ogialen Anschauungen der Gesamtheit, nicht bloß der Kreise der Hand- 
lungsgehilfen, als eine für den Betroffenen unglückliche erscheint. Liegt der Ver- 
hinderungsgrund in der Erfüllung allgemeiner staatsbürgerlicher Pflichten zu
	        
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