§5 1 (Nr. 5—7). 1. Abschnitt. Kaufleute. 5
Treibt z. B. eine Feieliige „Sozietät“ wirklich Weinhandel, so liegt ein Gewerbe
vor (vgl. den vom K. G. entschiedenen Fall in O. L. G. Rspr. XII S. 410ff.; ferner K.G.
in Entsch. F.G. XI S. 200). Kein Gewerbe betreiben demnach religiöse Jünglings-
vereine, Herberge zur Heimat u. dgl. (K.G. in Eisch. 9 IV S. 203 ff. -’Johow.
Ring XXVIII A34= O. L.G. Rspr. IX S. 17; anders O. L,G. Hamburg in O. L.G. Rspr.
XIVf. und Cohn in Z. H. R. LXXII S. 295). Dagegen ist gleichgültig, zu welchem
Zweck der gemachte Erwerb verwendet werden soll. Ein Gewerbe kann auch der
Staat und die Gemeinde betreiben (jetzt vom neuen H. G. B. anerkannt, vgl. unten
Nr. 12 und bei §5 36). Ob der Erwerb wirklich erzielt oder mit Verlust gearbeitet
wird, ja, ob dies mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, ist unerheblich, wie umgekehrt
bei fehlender Erwerbsabsicht die Erzielung von ueberschugen durch Ersparnisse be-
dentungslos ist (z. B. bei militärischen Zwecken dienenden Staatseisenbahnen R.G. Z.
XXXVII S. 297, bei nicht eingetragenen Konsumvereinen, die die erzielten „Gewinne“
an diejenigen Mitglieder verteilen, welche Waren beziehen.)
c) Der Inbegriff von Tätigkeiten muß primär auf Erzielung eines Ein-
kommens gerichtet sein. Ist die Erzielung des Einkommens nur das Sekundäre, so
liegt kein Gewerbe vor, der Sprachgebrauch wendet dann das Wort „Beruf“ an.
So bei Künstlern, (R.G. Z. LXXV S. 52, K.G. in O.L.G. Rspr. IX S. 365 vgl. O.L.G.
Jena in Seuffert IXVII Nr. 244), Dichtern, Komponisten im Gegensatz zu den
Kunsthandwerkern u. dergl. (anders Cosack S. 21). Hoftheater werden deshalb regel-
mäßig nicht unter die gewerblichen Unternehmen fallen. So ferner bei allen Beamten
als solchen. Wenn auch viele um des Broderwerbes willen Beamte werden, so
tritt nach der gesellschaftlichen Auffassung hier das Autoritative einerseits, das
Pflichtgemäße andererseits in den Vordergrund. So endlich auch bei Aerzten (K.G.
in Enssch. F. G. II S. 24— Johow--Ring XXI A 248 = O.L.G. Rspr. II S. 277),
Rechtsanwälten, wissenschaftlichen Lehrern oder wissenschaftlichen Untersuchungs-
instituten, wenngleich bei den Arzten die G.O. von Gewerben spricht (G.O. 5 29,
R.G.3Z. XXXIX S. 134) denn sie üben ihren Beruf nicht bloß um des Geldverdienens
aus, sie erhalten keinen Lohn, sondern Honorar (vgl. Denkschrift I S. 15, II
S. 3146, R. G. Z. LXVI Nr. 37, LXX S. 343). Freilich gitt dies nur insoweit, als
der Beruf des Arztes, Anwalts usw. als solcher ausgeübt wird. Möglich ist es
immerhin, daß auch ein Arzt ein Gewerbe betreibt, etwa als Wirt u. dgl. (ogl.
K.G. in Entsch. F. G. II S. 24— Johow--Ring XXIA#248 = O. L.G. Rspr. II S. 277,
K.G. in O. L. G. Rspr. VIII S. 89, Joho w-Ring XXI A 247) und danach unter § 1
oder § 2 H. G. B. fällt. Ahnlich bei chemischen, physikalischen, radiologischen
Instituten. Vgl. den ein chemisches Laboratorium betreffenden Beschluß des
amtsgrrichts agdeburg und des Kammergerichts bei Sobernheim S. 33ff.,
auch Bayer. O. L.G. im Recht 1910 Nr. 2711.
d) Das Gewerbe muß sich als solches offenbaren und zwar muß wenigstens
für das Handelsgewerbe mit dem R.O. H.G. und Cosack S. 20 eine gewisse Offen-
kundigkeit für das Publikum gefordert werden. Wenn für das ältere Recht Zweifel
bestehen konnten, weil der Schwerpunkt in dem nicht gelegentlichen, sondern gewerbe-
mäßigen Betreiben von Handelsgeschäften lag, d weist die neue Begriffs-
bestimmung, nach der Betrieb des Handelsgewerbes zum Kaufmann macht, auf offenen
Betrieb hin. Gilt nach § 2 das eingetragene gewerbliche Unternehmen darum,
weil es einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, als
Handelsgewerbe, so kann das Handelsgewerbe des §5 1 nur dann vorliegen, wenn
für kaufmännischen Geschäftsbetrieb die Möglichkeit vorhanden ist, d. h. wenn
eine Beziehung zum Publikum eröffnet ist (a. A. Staub-Bondi §51 N. 12, 30 und
M. Wolff in Berliner Festgabe für O. Gierke (Separatabdruck) S. 1, 2, letzterer
aus Gründen, die nicht das Gewerbe, sondern nur die Person des augenblicklichen
Inhabers treffen.) Wie diese Eröffnung stattgefunden hat, ist gleichgültig. Die An-
meldung der Firma zum Handeleregister ist die augenfälligste Manifestation, aber
auch öffentliche Annoncierung, Versendung von Zirkularen, Eröffnung eines Ladens
oder eines sonstigen Geschäftslokales, Einholung der pol eilichen Konzession zum
Gewerbebetriebe, der häufige Besuch der Börse, das Engagieren von Personal, das
Anstellen von Agenten, der Abschluß von Geschäften, ja chon eines Geschäftes,
alls dadurch für das Publikum die d, erzielt wird, d. h. falls es so
aß jeder davon Kenntnis nehmen dars, geschieht, genügen. Dieses eine Geschäft
braucht dann nicht einmal Gewerbsgeschäft zu sein, d. h. nicht einmal zu den den
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