Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

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Nr. 6. 
250. I. Buch. Handelsstand. 5 72 (Nr. 5—6). 
wäre dagegen noch keine Ehrverletzung (O. L.G. Hamburg in H. G. S. XIII (1892) 
S. 294), noch weniger ruhige, sachliche Opposition (R.G. in L. S. 1912 S. 155). Auch 
Beleidigung von Angehörigen des Prinzipals kann darunter fallen, zumal der Ehefrau 
(Busch IX S. 380 f.), aber auch der erwachsenen Tochter, der Eltern, insbesondere 
bei in die häusliche Gemeinschaft des Prinzipals aufgenommenen Handlungsgehilfen, 
ebenso unsittliche Zumutungen gegen Angehörige des Prinzipals, ja u. U. sogar 
Mißhandlungen eines anderen Angestellten, sofern darin eine Achtungsverletzung 
gegenüber dem Chef liegt. Unter Vertreter des Prinzipals ist sowohl der gesetzliche 
als gewillkürte Vertreter zu verstehen, vorausgesetzt, daß die Vertretung sich auf die 
Leitung bezieht (Gareis Lehrb. 9 20). 
5. Sonstige Gründe. Ihre Zahl ist unbegrenzt. Vor allem können in Betracht 
kommen persönliche Fehler, Verfehlungen oder Eigenschaften des Gehilfen, die das 
Vertrauen des Prinzipals zu ihm erschüttern müssen oder die die Würde des Hauses 
beeinträchtigen, Begehen gewisser strafbarer Handlungen (Diebstahl und dergl.) gegen 
Dritte (vgl. G. O. 5 128 Nr. 2), liederlicher, unsittlicher oder leichtsinniger Lebenswandel 
(Spekulieren, Wetten, cPiferenhandel. Vorbringen des Differenzeinwandes vgl. 
R.G. Z. LIII Nr. 68), Behaftung mit einer ansteckenden oder ekelerregenden Krankheit 
(ogl. G.O. § 123 Nr. 8), rohes oder unzlchtiges Benehmen, fortgesetztes Lügen 
(R.G. im Recht 09 Nr. 739), unter Umständen auch Konkurseröffnung über das 
Vermögen des Handlungsgehilfen oder Pfändung seines Gehalts (O.L. G. Kolmar 
in O. L.G. Rspr. XIV S. 344), ja unter Umständen schon bloße Vermögenszerrüttung 
(z. B. bei einem Betriebsdirektor, R.O. H. G. XVIII S. 29, O.L.G. Karlsruhe im 
Recht 1900 S. 467), während bei Konkurs über das Vermögen des Prinzipals 
K.O. 5 22 Platz greift und eigene Verarmung dem Chef keinen Grund zur Auflösung 
gibt; weiter Unfähigkeit des Handlungsgehilfen, den übernommenen Dienst auszuführen, 
3. B. infolge mangelhafter Schulbildung (Bolze I! Nr. 997), schlechter Handschrift, 
Unordentlicher Buchführung (K.G. in Seuffert LXII Nr. 189), während bloßer 
mangelnder geschäftlicher Erfolg bei Reisenden nach ständiger Praxis noch nicht 
genügt (O.L.G. Darmstadt in O.L.G. Rspr. VI S. 464). Auch wird man, wenn der 
Gehilfe die in ihn nach dem Vertrage gesetzten Erwartungen nicht rechtfertigt und 
der Herr ihn trotzdem behält, den Herrn nicht plötzlich kündigen lassen dürfen, sowenig 
er ja auch das Anfechtungsrecht, von dem er nicht unverzüglich Geprauch macht, 
nachher ausüben darf (R.G. in L. Z. 1910 S. 147). Auch Veränderungen in persönlichen 
Beziehungen können eine justa causa bilden, z. B. Aufhebung der Verlobung mit 
der Tochter oder Schwester des Chefs (Jahrb. des Kaufm.-G. Berlin II S. 281). Auch 
Tatsachen aus dem Vorleben des Handlungsgehilfen können den Prinzipal, der 
nachträglich davon erfährt, zur Kündigung berechtigen (oben § 70 Nr. 8). Doch wird 
es sich hier gewöhlich eher um Anfechtung wegen Irrtums oder Betruges handeln. 
Stirbt der Prinzipal, so gett die Verpflichtung aus dem Vertrage auf die 
Erben über. Lösen diese aber das Geschäft auf oder veräußern fie es, so ist für sie 
ein Entlassungsgrund gegeben, der Gehilfe kann von ihnen nicht verlangen, daß sie 
dafür Sorge tragen, daß der Erwerber des Geschäfts ihn übernehme (R.G. Z. LVIII 
Nr. 64). Löst der Prinzipal das Geschäft selbst freiwillig auf, so ist ein wichtiger 
Entlassungsgrund nicht gegeben . . in L. Z. 08 S. 694), anders wenn er durch 
einen Zufall dazu gezwungen ist, z. B. Verstaatlichung des Gewerbes (O.-L.G. 
Stuttgart in O.L. G. Rspr. 1I S. 502: Verbot der Privatpost), Abbrennen der Fabrik. 
Doch würde auch dies nur gelten, wenn er von den Diensten des Gehilfen Über- 
haupt keinen Gebrauch mehr machen kann, z. B. nicht, wenn nur eine Zweig- 
niederlassung aufgegeben werden muß, während der Gehilfe für das Gesamtgeschä 
angestellt war (R.G. im B. A. X S. 138 = Warneyer 1910 Nr. 463). 
Im einzelnen ist die Besonderheit des Falles entscheidend. Der in die häusliche 
Gemeinschaft aufgenommene oder doch im selben Hause, wie die Familie des Prinzipals 
wohnende Handlungsgehilfe wird gewöhnlich mit strengeren Augen zu betrachten sein, 
als der selbständige (vgl. R.G. S. XXXVIII S. 115f., O. L.G. Dresden bei Kaufmann 
V S. 56, O.L. G. Darmstadt bei Neumann III S. 22), der weibliche mit Bezug auf 
geschlechtliche Integrität strenger als der männliche, die Art der Stellung ist von 
Bedeutung u. s. w. Auch die Art der Geschäftsbranche spielt herein, z. B. mit Bezug 
auf Anforderungen an die Reinlichkeit (O. L. G. Rostock im Recht 05 S. 650 Nr. 2719). 
— Immer aber ist zu beachten, daß das private Leben des Gehilfen den Geschäfts- 
herrn nur insoweit angeht, als seine geschäftlichen Interessen dadurch berührt werden
	        
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