Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

Nr. 1. 
262 I. Buch. Handelsstand. 5 74a (Nr. 1). 
8 74a. 
Das Wettbewerbverbot ist insoweit unverbindlich, als es nicht zum 
Schutze eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Prinzipals dient. 
Es ist ferner unverbindlich, soweit es unter Berücksichtigung der gewährten 
Entschädigung nach Ort, Zeit oder Gegenstand eine unbillige Erschwerung 
des Fortkommens des Gehilfen enthält. Das Verbot kann nicht auf einen 
Zeitraum von mehr als zwei Jahren von der Beendigung des Dienst- 
verhältnisses an erstreckt werden. 
Das Verbot ist nichtig, wenn die dem Gehilfen zustehenden jährlichen 
vertragsmäßigen Leistungen den Betrag von fünfzehnhundert Mark nicht 
übersteigen. Das gleiche gilt, wenn der Gehilfe zur Zeit des Abschlusses 
minderjährig ist oder wenn sich der Prinzipal die Erfüllung auf Ehren- 
wort oder unter ähnlichen Versicherungen versprechen läßt. Nichtig ist 
auch die Vereinbarung, durch die ein Dritter an Stelle des Gehilfen die 
Verpflichtung übernimmt, daß sich der Gehilfe nach der Beendigung des 
Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränken werde. 
Unberührt bleiben die Vorschriften des § 138 des Bürgerlichen 
Gesetzbuchs über die Nichtigkeit von Rechtsgeschäften, die gegen die guten 
Sitten verstoßen. 
D. H.G.B. § 74. — Entw. I der Novelle § 74 a, II 5 74a, Kommissionsbeschl. 
Erster Lesung § 74a, Zweite Lesung § 74a. Begr. S. 728, 729, Kommissionsber. 
S. 4fff., 22 ff. Sten. Ber. des Reichstages S. 2858, 2862, 2870, 2878, 2879, 2887, 
8416, 8424, 8428, 8432, 8441. 
5 74 a enthält die wichtigste Bestimmung der Novelle. Anknüpfend an §+5 74 
des D. H.G.B. zieht er Schranken für den Inhalt des Wettbewerbverbotes. Er 
beschränkt entweder die Wirksamkeit der Verbindlichkeit auf gewisse Grenzen oder er 
setzt Nichtigkeit der ganzen Vereinbarung als Folge der Zuwiderhandlung fest. 
1. An die Spitze wird der Satz gestellt, daß das Wettbewerbverbot da 
seine Wirksamkeit verliere, wo ein berechtigtes geschäftliches Interesse 
des Prinzipals nicht mehr vorhanden sei. Dieser Gesichtspunkt war freilich 
schon in den Denkschriften zu den Entw. des D. H.G. B. betont, auch in der 
Judikatur und Literatur früher berücksichtigt, nicht bloß bei Wettbewerbverboten 
zwischen Prinzipal und Handlungsgehilfen, sondern auch bei solchen zwischen anderen 
Gewerbetreibenden und ihren Angestellten, vor allem aber solchen zwischen zwei 
selbständigen Kaufleuten (vgl. z. B. die Entscheidungen bei Bolze XIII Nr 396 
XVIII Nr. 408, R.G. Z. LIII S. 156, Seuffert LXI Nr. 104, J.W. 06 S. 341, 
Recht 08 S. 616 Beil. 2 Nr. 3393, S. 582 Beil. 2 Nr. 3212, O. L. G. Hamm in O.L.G. 
Rspr. XX S. 150, O.L.G., Braunschweig in O.L.G. Rspr. XXII S. 205, L. Z. 1911 
S. 77). Ausdrücklich bestimmte das österreichische Handlungsgehilfengesetz 36 Abs. 2 
Nr. 2, daß die Vereinbarung nur insoweit wirksam sein solle, als die „Beschränkung 
nicht ... im Verhältnisse zu dem geschäftlichen Interesse, das der Dienstgeber an ihrer 
Einhaltung hat, eine unbillige Erschwerung des Fortkommens des Dienstnehmers ent- 
hält“. Noch stärker hob das neue Schweizerische Obligationenrecht vom 30. März 1911 
den Gesichtspunkt des geschäftlichen Interesses hervor. Es läßt in Art. 356 die Wett- 
bewerbklausel nur bei Dienstverhältnissen zu, die dem Dienstpflichtigen einen Einblick 
in Kundenkreise oder Geschäftsgeheimnisse gewähren und nur unter der Beschränkung, 
daß der Dienstpflichtige durch die Verwendung jenes Einblickes den Dienstherrn 
erheblich schädigen könne, wie es in Art. 360 Abs. 1 bestimmt, daß das Konkurrenzverbot 
dahin falle, wenn der Dienstherr nachweisbar keine erhebliches Interesse an dessen
	        
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