Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

Nr. 4. 
Nr. 6. 
264 I. Buch. Handelsstand. 5 74a (Nr. 3—5). 
praktisch wird, also den Zeitpunkt des Austritts des Gehilfen. Aber auch während 
er Zeit, wo der Gehilfe nun der Beschränkung unterliegt, können sich die Ver- 
hältnisse zu Gunsten des Gehilfen ändern, so daß er wenigstens für den Rest der 
Karenzzeit ganz frei oder doch weniger beschränkt wird (vgl. z. B. R.G. im Recht 05 
S. 678 Nr. 2802). Naturgemäß mütssen endgültige Verhältnisse vorliegen, bloße vor- 
übergehende Betriebseinengungen rechtfertigen noch nicht die Berufung auf man- 
gelndes geschäftliches Interesse (R.G. Z. XIVII, S. 240), ensowenig die Veräußerung 
des Geschäfts, da der Veräußerer sich verpflichtet haben kann, dem Erwerber die 
Konkurrenz fernzuhalten (R.G. im Recht 08 Nr. 2622) oder da er möglicherweise 
wegen Nichtzahlung des Kaufpreises den Kauf wandelt (vel R.G. in J.W. 08 
Nr. 3212). Auch die Liquidation macht es nicht notwendig hinfällig (O. L.G. Jena 
in Seuffert LXVIII Nr. 131) wenngleich sie es für die Regel minderwertig machen 
wird. Die Geltendmachung des mangelnden berechtigten Geschäftsinteresses kann 
der Gehilfe exzipierend, aber auch blageweise durch eine Feststellungerlage auf Un- 
verbindlichkeit des Wettbewerbverbots (O. L.G. Colmar im Recht 06 S. 691 Nr. 1673) 
durchführen. Das hierzu erforderliche Interesse ist vorhanden, da seine zukünftige wirt- 
schaftüiche Lage erheblich durch diese Frage beeinflußt wird. — Die Feststellungsklage 
önnte sogar während der Dienstzeit erhoben werden, nur wird sie hier aus dem 
Grunde kaum praktisch werden, weil das berechtigte Geschäftsinteresse künftig erst 
entstehen kann (vgl. Komm. Ber. S. 35). 
Der Beweis ist dahin zu führen, daß das Wettbewerbverbot sei es im Ganzen 
nel es zu einem Teile nicht dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses 
es Prinzipals diene, d. h. 
a) es kommt nicht darauf an, daß es solchen Schutz bezweckte, sondern daß 
es ihm tatsächlich nicht dient, d. h. daß nach Lage des Falles eine Förderung eines 
berechtigten Geschäftsinteresses nicht vorliegt. Ja es ist sogar gleichgültig, ob der 
Prinzipal solche Förderung beabsichtigte oder ob er in Wahrheit den Schutz 
anderer (nichts vsbedünstiger Interessen bezweckte. Falls das Verbot tatsächlich 
berechtigten geschäftlichen teressen dient, würde der Einwand dem Gehilfen 
versagt sein. 
b) Der Schutz muß ein Geschäftsinteresse des Prinzipals betreffen. Der 
Fördeung von Privatinteressen des Prinzipals darf ein die gewerbliche Tätigkeit des 
ehilfen beschränkendes Verbot nicht dienen. Es wäre dann unverbindlich. Es tritt 
hier die Inkongruenz ein, daß ein solches Verbot abgeschlossen mit einem Nicht- 
prinzipal allgemeinen Grundsätzen unterstehen würde, abgeschlossen mit einem 
Prinzipal unverbindlich ist. Das Wort „Geschäftsinteresse" ist aber nicht auf das 
Interesse, das der Prinzipal mit Bezug auf das konkrete Handelsgewerbe, in dem 
der Gehilfe angestellt ist, verfol t, zu beschränken. Ein „Geschäftsinteresse"“ hat auch 
der Prinzipal, der mehrere ehäfte unter verschiedenen Firmen betreibt, wenn er 
dem Gehilfen Beschränkungen mit Rücksicht auf eines seiner anderen Geschäfte auf- 
erlegt. Dasselbe würde von anderen Geschäften gelten, an denen er beteiligt ist. 
kein Geschäftsinteresse mehr vor, wenn er aus verwandschaftlichen 
otiven dem Gehilfen die Konkurrenz mit Geschäften anderer 
  
  
     
  
   
oder 
c) Das Geschäftsinteresse muß ein berechtigtes sein, nicht ein „rechtliches“. 
Es braucht also kein besonderes Recht in Frage zu stehen, sondern es genügt ein 
vom objektiven Recht für schutzbedürftig erachtetes Interesse. In dieser Hinsicht 
Uhrt die Begründung zu Entw. 1I aus, daß es unbillig wäre, den Gewerbetreibenden 
as Recht zu nehmen, sich dagegen zu schützen, „daß der Gehilfe die oft mit großem 
Aufwand an Arbeit und Kosten errungene geschäftliche Stellung des Prinzipals 
gefährdet indem er die besonderen Kenntnisse und Beziehungen, die er bei 
hm erworben hat, unmittelbar zu dessen Schaden ausnutzt“. Der Schutz von 
Geschäfts= und Betriebsgeheimnissen“ sei dabei zwar in erster Linie ins Auge ge- 
aßt, aber von einer Beschränkun auf diesen Fall warnte die Begründung, weil 
er eine neue Unsicherheit in die Regelung hineintrage. Der Staatssekretär des 
Reichsjustizamtes wies in der ersten Lesung darauf hin, daß nicht nur gegen den 
Verrat von Geschäfts= und Betriebsgeheimnissen, sondern auch gegen eine un- 
lautere Ausnutzung der in dem Gesch se erworbenen Kenntnisse und Beziehungen 
der Kaufmann zu schützen sei (Sten. Ber. S. 2858). Als Beispiele wurden her-
	        
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