Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

5 74a (Nr. 8—11). 6. Abschnitt. Handlungsgehilfen und Handlungslehrlinge. 267 
jeglicher Konkurrenzklausel für niedrig bezahlte Gehilfen in das Gesetz aufgenommen. 
Ursprünglich wurde die Grenze auf 3000 Mark gezogen; Entw. II reduzierte den 
Betrag auf 1500 Mark, bei der 2. Lesung gelangte die Kommission zu 1800 Mark. 
Das Plenum akzeptierte die von der Regierung festgehaltene Grenze von 1500 Mark, 
Ur die das Lohnbeschlagnahmegesetz bestimmend gewesen zu sein scheint. Die 
assung des Gesetzes ergibt, daß das Wettbewerbverbot einmal nichtig ist, wenn 
zur Zeit des Abschlusses der Dienstlohn unter der Mindestgrenze sich befand, sodann 
nichtig wird, wenn die ursprünglich gewährte Mindestgrenze in einem späteren Dienst- 
jahre nicht erreicht wird. Nachträgliches Steigen des Dienstlohnes heilt die einge- 
tretene Nichtigkeit nicht. Es bedarf erneuten formellen Abschlusses. 
Die dem Gehilfen zustehenden Jahresleistungen müssen fünfzehnhundert 
Mark erreichen. Daß der Gehilfe wirklich mindestens eine volle Jahresleistung er- 
worben hat, ist dagegen nicht notwendig. Betrug die Dauer seiner Dienstzeit nur 
den Bruchteil eines Jahres, so ist der Betrag des Jahresgehaltes zu berechnen und 
darnach die Frage der Hüliiftei zu entscheiden. Noch weniger notwendig ist, daß 
die Jahresleistungen auch wirklich vom Prinzipal erfüllt sind. Verzug des Prinzipals 
macht die Konkurrenzklausel nicht nichtig, sondern löst andere Folgen aus (8 75). 
Der Gehilfe muß ein Recht auf die Leistungen haben. Freiwilli 8 vom 
Prinzipal gewährte Gratifikationen sind nicht in Anschlag zu bringen. Ob der 
Gehilfe dagegen das Recht hat, Leistung an sich oder an einen Dritten zu ver- 
langen, ist gleichgültig. Der zur Umgehung der Pfändung benutzte Fünfzehn- 
hundertmarkvertrag würde hier den Gehilfen nicht von dem Wettbewerbverbot be- 
freien. Die zugunsten eines Familiengliedes des Gehilfen ausbedungene Leistung 
bleibt dennoch eine dem Gepisen zustehende Leistung. Immer aber muß die 
Leistung eine vertragsmäßige sein, d. h. im Dienstvertrag ausbedungenes Aquivalent 
für die Dienstleistungen als Handlungsgehilfe sein. Demnach fallen nicht darunter 
Leistungen aus gesetzlichen Ansprüchen, etwa aus § 617 B. G. B. oder aus §s 62 
H. G. B., aus Ansprüchen auf Schadenserfatz wegen Vertragswidrigkeit des Prinzipals, 
aus Ansprüchen auf Ersatz gemachter Auslagen, ebensowenig aber vertranche 
Leistungen, die dem Gehilfen nicht in seiner Eigenschaft als Handlungsgehilfe, 
sondern in sonstiger Eigenschaft zustehen — etwa weil er zugleich stiller Gesell- 
schafter oder am Gewinn beteiligter Darlehnsgläubiger war oder weil er neben der 
Stellung als Handlungsgehilfe eine andere dienstliche Stellung versah (z. B. 
Aquivalent für den Kindern des Prinzipals erteilten Sprachunterricht bezog). 
Doch wird, wo eine Stellung neben kaufmännischen nichtkaufmännische Dienste mit 
sich trägt loben § 59 Nr. 5 S. 213) eine Trennung sich kaum durchführen lassen. Im 
übrigen ist auf § 74b zu verweisen. 
b) Minderjährigkeii des Gehilfen zur Zeit des Abschlusses. Dieser 
Nichtigkeitsfall war bereits dem § 74 D. H.G.B. bekannt. Gleichgültig ist, ob der 
gesetzliche Vertreter oder das Vormundschaftsgericht die Zustimmung erteilt, (O.L. G. 
Karlsruhe in Bad, Rpr. 1912 S. 13) gleichgültig, ob der Minderjährige vor Be- 
endigung des Dienstverhältnisses Gobishrig geworden ist. ober Bestätigung durch 
den großjährig Gewordenen B. G. B. § 141. — Sonstige Fälle beschränkter Ge- 
schäftsfähigkeit des Gehilfen unterstehen allgemeinen Grundsätzen (hierzu oben § 74 
Nr. 7). Tritt die Beschränkung der Geschäftefähigreit nach Abschluß des Wett- 
bewerbverbotes ein, so bleibt die Wirksamkeit des letzteren unberührt. Minder- 
jährigkeit des Prinzipals ist kein besonderer Nichtigkeitsgrund. 
c) Versprechen unter Ehrenwort u. dgl. (z. B. Versprechen als „Ehren- 
schuld“). Dieser Nichtigkeitsgrund wird meist ohnehin unter § 138 B.G. B. fallen 
(ogl. oben §59 Nr. 7a), doch tritt er nach positiver Vorschrift auch ein, wenn nach 
Lage des Falls dies nicht anzunehmen ist (vgl. den Fall des O.L.G. Karlsruhe in 
Bad. Rpr. 1911 S. 125; zur Judikatur R.G. in D.J.Z. 1912 S. 281, R.G.Z. LIXXVIII 
S. 258, LXXXII Nr. 49). Notwendig ist, daß der Prinzipal das Ehrenwort verlangt. 
Bloße einseitige freiwillige ehrenwörtliche Erklärung des Gehilfen reicht nicht aus 
(R.G. bei Warneyer 1913 Nr. 275). Das ehrenwörtliche Versprechen des Prinzipals 
wird von § 74a nicht berührt. 
d) Übernahme der Wettbewerbverbots-Verpflichtung durch einen 
Dritten an Stelle des Gehilfen. Dieser Nichtigkeitsgrund war dem Entw. I 
  
Nr. 9. 
Nr. 10. 
Nr. 11.
	        
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