Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

Nr. 5. 
Nr. 6. 
274 I. Buch. Handelsstand. §5 75 (Nr. 3—6). 
als der Gehilfe ja auch aus §§ 70, 71 nicht das Dienstverhältnis auf sofort auf. 
ulösen braucht (oben §5 70 Nr. 1). Mindestens wird dann doch zu verlangen sein 
baß der Gehilfe von dem Recht, das ihm die §5§ 70, 71 gewähren, rechtzeitig ebrauch 
macht. Unterläßt er dies, so wird er nachträglich nicht die Befreiung von der 
Klausel deshalb beanspruchen können, weil er hätte seinerzeit von den S§s 70, 71 
H. G. B. Gebrauch machen können. 
2. Der Prinzipal kündigt. 
a) Kündigt der Prinzipal dem Gehisfen nach Maßgabe von 55 70, 71 wegen 
vertragswidrigen Verhaltens des Gehilfen, wozu er immer noch berechtigt 
ist, wenn er ohne Kenntnis des Grundes aus § 66 gekündigt hatte und den Grund 
nachträglich erfäbrt (L.G. Hamburg in L.Z. 1912 S. 957), so verliert der Gehilfe den 
Anspruch auf die Entschädigung, bleibt aber den Beschränkungen des Wettbewerb- 
verbotes unterworfen. Daß diese Voraussetzungen vorliegen, hat erforderlichenfalls 
der Prinzipal zu beweisen. 
b) Kündigt der Prinzipal dem Gehilfen, weil ein erheblicher Anlaß in 
der Person des Gehilfen zur Kündigung vorliegt, so bleibt das Wettbewerb- 
verbot bestehen, aber auch die Entschädigungspflicht. Der erhebliche Anlaß muß in 
der Person des Gehilfen liegen, sonstiger erheblicher Anlaß, z. B. in der Person 
des Prinzipals (Schwierigkeiten der Geschäftsfortführung, Krankheit des Prinzipals, 
Wechsel des Firmeninhabers, hierunter fällt auch Kündigung durch den Konkurs- 
verwalter bei Konkurs des Geschäftsherrn aus K.O. § 22) genügt nicht. Das ältere 
Recht und ebenso Entw. I hatten jeden erheblichen Anlaß für ausreichend erklärt, 
im Entw. II wurden die Worte „in der Person des Gehilfen“ eingefügt, um den 
Bedenken, welche in der Kommission laut wurden, gerecht zu werden. 
„Erheblicher Anlaß“ ist nicht stets das gleiche, wie „wichtiger Grund“ (vgl. 
schon R.G. in L.3. 1911 S. 466, O.K. G. Bamberg in Seuffert IXIV Nr. 169, 
O. L. G. Hamburg in O-L.G. Rspr. VIII S. 97, Kaufmann im Recht 05 S. 157 ff.). 
Soweit die Kündigung des Prinzipals freilich aus §§ 70, 72 erfolgt enthält der 
„erhebliche Anlaß“ notwendig einen wichtigen Grund, nämlich solchen, der nicht 
unter Abs. 3 von § 75 fällt, d. h. nicht eine Vertragswidrigkeit des Gehilfen dar- 
stellt, insbes. 5 72 Nr. 3. Soweit die Kündigung des Prinzipals dagegen aus § 66 
erfolgt, kann den erheblichen Anlaß eine Tatsache darstellen, die nach §§ 70, 72 auch 
einen wichtigen Grund zur Entlassung gegeben hätte. Möglicherweise stellt sie 
aber eine Tatsache dar, die dazu noch nicht ausreichend ist, die aber erheblich genug 
ist, um den Prinzipal von seinem freien Kündigungsrecht Gebrauch machen zu 
lassen, vorausgesetzt, daß sie in der Person des Gehilfen liegt. So wird bei 
Kränklichkeit des Gehilfen es nach Lage des Falls zweifelhaft sein können, ob ein 
„wichtiger Grund“ im Sinne des §5 72 Nr. 3 vorliegt, während erheblicher Anlaß 
#ur Kündigung gegeben sein kann (O.L.G. Oldenburg in O. L.G. Rspr. 1 S. 366), 
hulich, wenn der Handlungsgehilfe sich zur Ausfüllung der ihm übertragenen 
Stellung nicht eignet (O. L.G. Hamburg in O.L.G. Rspr. VIII S. 97) oder wenn er 
eine vereinzelte Untreue begeht (R.G. im Recht 08 S. 103 Beil. 2 Nr. 606). Vgl. 
ierzu R.G. in L.8. 1911 S. 466. — Keinesfalls raubt die Kündigung aus § 66 
em Gehilfen die Entschädigung, wenn der „erhebliche Anlaß“" so schwerwiegend war, 
daß auch aus § 72 wegen vertragswidrigen Verhaltens hätte gekündigt werden 
können. Dies ergibt die Fassung von Abs. 3 mit Deutlichkeit. Daß ein erheb- 
licher Anlaß in der Person des Gehilfen vorliegt, hat der Prinzipal zu beweisen, 
wenn der Gehilfe die Unwirksamkeit des Wettbewerbverbotes behauptet. 
c) Kündigt der Prinzipal dem Gehilfen ohne daß ein erheblicher 
Anlaß in dessen Person vorliegti), so wird das Wettbewerbverbot unwirksam, 
es entfällt damit auch die Entschädigung. Will der Prinzipal das Wettbewerb- 
verbot aufrecht erhalten, so muß er sich bei der Kündigung bereit erklären, 
während der Karenz das volle, zuletzt bezogene Aquivalent zu entrichten (bol hierzu 
R.G.Z. LIX S. 125, O.L.G. Köln in O.L.G. Rspr. VIII S. 387). Die Entschädigung 
1) Unter Kündigung im Sinne dieses s wird auch Kündigung ohne gesetzlichen 
Grund zu verstehen sein. Doch ist die Frage zweifelhaft (einerseits R.G. in L. Z. 1911 
S. 936, O. L.G. Hamburg im Recht 1912 Nr. 2872, andererseits O. L. G. Colmar in 
L. JI. 08, S. 242, O. L. G. Posen in O.L.G. Rspr. VIII S. 96). 
  
  
  
  
  
 
	        
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