8 84 (Nr. 4—5). 7. Abschnitt. Handlungsagenten. 295
der Frage, ob der Agenturvertrag seiner rechtlichen Natur nach unter den Werk-
oder Dienstvertrag zu ziehen (vgl. R.G.3. XXXI S. 59) oder als selbständiges
Rechtsgebilde anzunehmen sei, ht nicht zu ungchen wenngleich sie von keiner großen
praltisthen Bedeutung ist,1) weil das H.G.B. ihn selbständig geregelt hat und eine
nwendung von Sätzen des B.G.B. deshalb nur mit Vorsicht möglich ist. Richtiger
Ansicht nach ist der Agenturvertrag als Dienstvertrag anzusehen, wovon auch die
Denkschrift ausgeht (so auch R. G. in Seuffert LXIII Nr. 229, O. L.G. Hamburg
in O. L. G. Rspr. VII S. 385, R.G. in L.Z. 1911 S. 454, 388, Crome, Partiarische
Rechtsgeschäfte S. 398, Düringer-Hachenburg l S. 486, Staub-Bondi's 84
Anm. 4, dagegen O.L.G. Rspr. X S. 237). Die Anahme eines eigenartigen Ver-
trages ist ebensowenig notwendig, als die einer gesellschaftsartigen Gemeinsamkeit
(O.L. G. Dresden bei Kaufmann III S. 86). Zuzugeben ist, daß eine Hinneigung
um Werkvertrag gegeben ist, zumal durch die Regelung des Anspruches auf die
rovision. Sollte der Agent, was freilich selten vorkommen wird, gegen festen Ge-
halt angestellt sein, so träte die Natur des Dienstvertrages schärfer hervor. Dem-
nach sind mit Vorsicht goal. R.G.Z. LXII S. 229, LXIII S. 73) in subsidium
die Grundsätze des B.G.B. für den Dienstvertrag zur Anwendung zu bringen.
Nicht anwendbar sind jedenfalls beim Provisionsagenten B.G.B. 5 616 (Düringer-
Hachenburg l S. 487, a. A. Ritter § 92 Anm. 2) und wohl bei jedem Agenten
B. G. B. § 618. Auch § 615 wird beim Provisionsagenten kaum in Frage kommen).
— Der Agenturvertrag ist stets ein beider seitiges Handelsgeschäft; für seine
Auslegung ist somit auf Handelsgewohnheiten und Handelsgebräuche Rücksicht zu
nehmen.) Sein Abschluß bedarf keiner besonderen Form, kann auch durch konkludente
Handlungen erfolgen, insbesondere kann ein auf einzelne Geschäfte beschränktes
Vertretungsverhältnis im Laufe der Zeit zu einem ständigen Agenturverhältnis
auswachsen, ohne daß mündliche oder schriftliche Vertragsberedungen getroffen sind
(ogl. Gutachten der Handelskammern Hamburg, Bremen und Lübeck über den Ent-
wurf eines H.G.B. S. 15). Auch Schweigen des Agenten auf die Offerte des Ge-
schäftsherrn kann bei Vorliegen des Tatbestandes des § 362 H.G.B. Akzept sein.
Bei Versicherungsgesellschaften erhan der Agent üblicherweise eine schriftliche In-
struktion und unterzeichnet einen Revers über seine Pflichten (Ehrenberg, Vers. R.
S. 216). — Erfüllungsort des Agenturxvertrages ist für jeden Teil im Zweifel
dessen Niederlassungsort (B.G.B. § 269 Abs. 2, vgl. O. L.G. Hamburg in O.-L.G.
Rspr. XXI S. 385). Doch kann sich aus der Sachlage ergeben, daß nur der Ort
des Geschäftsherrn Erfüllungsort sein soll (vgl. z. B. O. L.G. Hamburg in O.L.G.
Rspr. VI S. 5). U. U. kann auch § 31 Z.P.O. Waßgebend sein (R.G.Z. XX S. 364).
· 5. Pflichten des Agenten. Aus dem Agenturvertrag erwächst für den Agenten
die Pflicht, das Interesse des Geschäftsherrn mit der Sorgfalt eines ordentlichen
Kaufmanns wahrzunehmen insichtlich des Versicherungsagenten im einzelnen
Ehrenberg S. 216—220). Dieser in § 84 ausgesprochene Grundsatz enthält nur
eine Anwendung des § 347 Abs. 1. Insbesondere hat in Ermangelung anderer
Vereinbarung jeder Agent (auch der bloß vermittelnde) die Kreditwürdigkeit der-
jenigen Personen, mit denen er den Vertrag abschließt oder nur vermittelt, ge-
wissenhaft wiu prüfen, wobei die Erkundigung bei einer Auskunftsstelle nicht immer
genügen wird, er vielmehr die in Geschäftsverbindung mit demselben Stehenden
zu befragen Gehalten sein wird (O. L.G. Karlsruhe in O. L.G. Rspr. XI S. 23). Er
hat diese Prüfung auch nach Abschluß des Geschäfts bis zu dessen Abwicklung fort-
Zusetzen und bei nachteiligen Anderungen den Geschäftsherrn rechtzeitig zu informieren.
Ob er andererseits eine werbende Tätigkeit zur Gewinnung von Kunden zu ent-
falten hat, und in welchem Grade, richtet sich nach Lage des Falls. Grundlose
Ablehnung von Offerten Dritter wird den Agenten jedenfalls schadensersatzpflichtig
machen. Er hat ferner gewissenhaft Verschwiegenheit zu bewahren. Bei Verletzun
Heiner Pflichten haftet er dem Geschäftsherrn auf vollen Schadensersatz (vgl.
O. H. G. XXII Nr. 27, R.G. Z. XVIII Nr. 18, Bolze III Nr. 636, XVII Nr. 385,
1) Praktisch wird dies z. B. für die Frage der Anwendbarkeit des Art. 171
52 ferner des § 888 Abs. 2 der Z.P.O., der Endigungsgründe des Ver-
isses.
2) Vgl. über solche Apt I. S. 52ff., II S. 21 f., Dove. Meyerstein Nr. 70 ff.
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