Nr. 1.
366 II. Buch. Handelsgesellschaften u. stille Gesellschaft. 8 116 (Nr. D.
1. Ganzgeschäftsführung. Jeder der mehreren geschäftsführenden Gesell-
schafter ist kraft Gesetzes berechtigt, allein zu handeln, soweit seine Geschäftsführungs-
befugnis reicht (darüber bei s 116). Unter „handeln“ ist jede Tätigkeit für die
Gesellschaft zu verstehen, die die Geschäftsführungsbefugnis mit sich bringt (nicht
dagegen solche die der Gesellschafter zur Wahrung seines eigenen Interesses vor-
nimmt.) Er braucht demnach keinen der anderen eschäfts ftren#en Gesellschafter
vorher zu fragen, ja er braucht keinem vorher Mitteilung zu machen von seinem
Vorhaben. Wie weit er nachher Mitteilung zu machen gal, entscheidet sich nach
allgemeinen Grundsätzen (B.G.B. ös 712, 666). Uber Rechnungslegung bei 5 118
r.
Widerspricht ein anderer geschäftsführender Gesellschafter, sei es auf Grund
der an ihn gerichteten Mitteilung, sei es, weil er zufällig von dem Vorhaben
Kenntnis erhielt, der Vorname einer Handlung, so ist der Gesellschafter verpflichtet,
die Handlung zu unterlassen. Gleichgültig ist, ob der Widerspruch sachlich gerecht-
fertigt ist oder nicht (a. A. O. L. 3. Hamburg in H. G. Z. VI (1885) S. 60 und
Düringer-Hachenburg Anm., dieser Umstand kann nur für die Frage, ob der
Gesellschaft Schaden entstanden ist, bedeutungsvoll sein (O. L. G. Hamburg in
Z. H.R. XXXV S. 230, Ritter Anm. 4). Jedoch wird § 226 B. G. B. zu beachten,
aber es wird auch der Einwand aus 5 744 Abs. 2 B. G. B. zuzulassen sein
(Düringer-Hachenburg). Nimmt der Gesellschafter die Handlung trotz des
Widerspruches vor, so macht er sich schadensersatzpflichtig und riskiert, daß es
zur Auflösung der Gesellschaft oder zu seiner Ausschließung kommt (55 133, 140),
auch kann ein richterliches Urteil oder eine einstweilige Verfügung Strahiert
werden, die dem Gesellschafter derartige Akte verbieten (Bolze XVII Nr. 526).
Über die Geltendmachung des Schadenersatzes Düringer-Hachenburg, Anm. 6.
Die Aufwendungen, die dem Gesellschafter aus solcher Handlung erwachsen,
kann er nur unter den Voraussetzungen des B.G. B § 679 ersetzt verlangen,
da er in Widerspruch mit dem Geschäftsherrn gehandelt hat. — Für die
Wirksamkeit der Handlung nach außen hat der Widerspruch dann keine
Bedeutung, wenn der Gesellschafter kraft seiner Vertretungsmacht nach den
95 125, 126 handelte. Der absolute Charakter dieser Vertretungsmacht hindert
die Wirkung des Widerspruchs nach außen. Anders wenn er ohne allgemeine Ver-
tretungsmacht auf Grund einschränkbarer Vollmacht handelte, hier muß der Dritte
sich die im Widerspruch liegende Einschränkung der Vollmacht entgegenhalten lassen,
soweit sie nach außen hervortrat (v. Gorski S. 84). Ebenso werden, wenn die
Handlung nur die Verhältnisse der Gesellschaft zu einem einzelnen Gesellschafter be-
traf, dem Viderspruch die Wirkungen gegenüber dem Gesellschafter beizumessen sein
(oben bei § 109 Nr. 5). — Der Widerspruch kann nicht bloß ausdrücklich, sondern
auch stillschweigend erfolgen, doch wird das Letztere selten praktisch vorkommen. Ist
einmal Widerspruch erhoben, so wirkt er, wenn nicht die Sinneslage des Wider-
sprechenden sich geändert hat, auch Gur die Zukunft. Es bedarf für die gleiche Handlun
nicht erneuten Widerspruches (R.G.. LXXXI Nr. 22). Stets muß der Widerspru
sich gegen die Vornahme einzelner zukünftiger Handlungen richten. Ein genereller
Widerspruch hat ebenso wenig Bedeutung (Busch XVIII S. 151, R.G. in L.8. 1914
S. 1117), als ein Widerspruch nach Vornahme der Handlung (hierzu Düringer-
Hachenburg Anm. 4). Der Widerspruch ist ferner unzuläst , wenn der Gesell-
schafter, gegen den er sich richtet, die ihm vom Gesetz eingeräumten Sonderrechte ausübt,
so wenn er im Fall des § 116 Abs. 3 die Prokura widerruft, natürlich kommt er serner
nicht in Betracht, wenn die Handlung darin besteht, daß der Gesellschafter ein gesellschaft-
liches Interesse gegen den Widersprechenden selbst wahrnimmt (z. B. im Falle des §5 117:
Antrag auf Entziehung der Geschäftsführung, R.O. H. G. XXV S. 163) oder wenn der
Widersprechende Schuldner der gselsgchaft ist und es sich darum handelt, einen Anspruch
der Gesellschaft gegen ihn zu verfolgen (R.G.Z. LXXXI S. 94), während bloße Ver-
knüpfung des Eigeninteresses des Widersprechenden mit der Maßnahme noch nicht des
Widerspruches beraubt (hierzu Düringer-Hachenburg Anm. 5), endlich wenn die
Handlung durch einen Beschluß sämtlicher Gesellschafter für zulässig erklärt ist. —
Zum Widerspruch berechtigt F jeder geschäftsführende Gesellschafter, d. h. nur ein
Gesellschafter, der Oeschäftefar rung, wenn auch beschränkte (z. B. Kollektivgeschäfts-
führung), hat (also nicht ein solcher, der nur einen einzelnen Auftrag erhält), und
nur derjenige geschäftsführende Gesellschafter, in dessen Ressort nach dem Gesell-