Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

5 116 (Nr. 3—5). 1. Abschnitt. Offene Handelsgesellschaft. 2. Titel. 369 
3. Seitellung eines Prokuristen. An sich würde (zumal bei großem Geschäfts- Nr. 3. 
betriebe) die Bestellung eines Prokuristen unter die ganz gewöhnlichen Handlungen 
fallen können. Das Gesetz hat aber bei der großen Tragweite dieses Aktes die 
Zustimmung aller ehätesehrenden (auch der in der Gesch ftsführun chrrinen. 
vgl. v. Gorski S. 80) Gesellschafter verlangt, während die nichtgeschäftsführenden 
davon ausgeschlossen sind. Gleichgültig ist, ob es sich um Besetzung vorhandener 
Prorursstenstellungen oder um Schaffung neuer handelt (Bus ch IV S. 17 ff.). Der 
Gesellschaftsvertrag kann natürlich von der Hinzuziehung der übrigen n schafter 
überhaupt absehen, wie umgekehrt die Hinzuziehung auch der nichtgeschäftsführenden 
anordnen (R.G. Z. II S. 34). Die Zustimmung soll vorher eingeholt werden, kann 
aber auch nachträglich erfolgen (vgl. § 115 Nr. 2). Im üuge zu behalten ist, daß 
es sich auch hier lediglich um die interne Seite des Verhältnisses handelt. Die Er- 
teilung der in der Prokura liegenden Vollmacht erfolgt mit Wirkung nach außen 
durch den vertretenden Gesellschafter auch dann, wenn er nicht Geschä Fführung hat 
und auch dann, wenn er sich an diese Vorschrift nicht hält. Er würde sich diesen- 
falls nur ersatzpflichtig machen und wäre verpflichtet, die Prokura zu widerrufen. 
Dagegen wären die vom Prokuristen mit Dritten eingegangenen Rechtsgeschäfte 
gültig, ja es könnte der Registerrichter nicht einmal die Eintragung der Prokura 
ablehnen (Behrend §5 69 Anm. 20), 46 lange nicht gemäß § 16 Abs. 2 eine die 
Vornahme der Eintragung für unzulässig erklärende Entscheidung des Prozeß- 
richters vorliegt. Unter der Bestellung der Prokuristen ist aber nur die Erteilung 
der Vollmacht zu verstehen, nicht die dienstliche Anstellung. 
Die Vorschrift zesstert, wenn Gefahr im Verzuge ist. Diesenfalls darf 
jeder geschäftsführende Gesellschafter Prokura erteilen, natürlich kann der Vertra 
auch hier ein anderes bestmmen, insbesondere wird es Auslegungsfrage sein, o 
ein Vertrag, der einem Gesellschafter nur beschränkte Geschäftsführung zugesteht, nicht 
damit das Recht nebmeen wollte (zu weit gehend v. Gorski S. 80, 81). In der 
Anordnung der Kollektivgeschäftsführung liegt solche Beschränkung nicht, vielmehr 
würde entsprechend § 115 Abs. 2 bier jeder der Kollektivgeschäftsführer die Bestellung 
vornehmen können. — Die Erteilung der Prokura bei Gefahr im Verzuge hat 
natürlich nur einen provisorischen Charakter (O. L. G. Dresden in Z. XXXV S. 250). 
4. Widerruf der Prokura. Der Widerruf der Prokura kann von jedem der Nr. 4. 
ur Erteilung oder zur Mitwirkung bei der Erteilung befugten Gesellschafter erfolgen. 
nter „Erteilung"“ ist dasselbe gemeint, wie unter „Bestellung eines Prokuristen“, 
d. h. es handelt sich nicht um die Wirkung nach außen, sondern um das interne 
Verhältnis. Die Entziehung der Prokura mit Wirkung nach außen erfolgt durch 
den vertretenden Gesellschafter auch dann, wenn dieser nach innen zum Widerruf 
nicht berechtigt war, insbesondere wenn der Gesellschaftsvertrag ihm dies Recht 
ganz nahm oder den Widerruf an die Mitwirkung anderer Gesellschafter band. 
Solchenfalls würde er sich schadensersatzpflichtig machen, aber der Widerruf würde 
nach außen, insbesondere gegenüber dem Prokuristen selbst wirken. Und umgekehrt 
ist nur einer von mehreren Kollektivovertretern nicht imstande, mit Wiekung nach außen 
die Prokura zu widerrufen (Staub- Pinner § 126 Anm. 10). — Nach innen ist da- 
segen jeder geschäftsführende Gesellschafter, auch derjenige, dem nur Kollektivgeschäfts- 
rung eingeräumt ist, zum Widerruf berechtigt (O.L.G. Dresden in Z. XXXV 
S. 230), ferner ein nichtgeschäftsführender Gesellschafter, sofern er bei Bestellung 
der Prokura nach dem Gesellschaftsvertrage Mitwirkung hat. ungerhr#t ist der 
geschästsrührend- Gesellschafter, dem der Gesellschaftsvertrag jede Mitwirkung bei 
rteilung der Prokura genommen hat, zum Widerruf nicht befugt. Auch hier ist 
bei Wrolles nur an die Vollmacht, nicht an das Dienstverhältnis, das gekündigt 
wird, gedacht. 
Da das Gesetz nur vom Widerruf der Prokura spricht, so gilt für eine Nr. 5. 
Beschränkung der Prokura das Gesagte nicht (ol III Nr. 792). Soweit solche 
Beschränkung nach außen Rulässig ist (Verwandlung von zwei vollen Prokuren in 
eine Gesamtprokura § 48 Abs. 2, nachträgliche Beschränkung der Prokura auf eine 
Zweigniederlassung § 50 Abs. 3), geschieht sie durch den vertretenden Gesellschafter 
stets mit Wirkung nach außen. Was das Verhältnis nach innen betrifft, so greifen 
in wie Staub- Pinner (§ 116 A. 9) mit Recht bemerken, die allgemeinen Grund- 
ätze Platz. Beschränkt demnach für einen einzelnen Fall ein geschäftsführender 
Lehmann-Ring, Handelsgesetzbuch. I. 2. Aufl. 24 
  
  
  
  
  
 
	        
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