Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

5128 (Nr. 2—3). 1. Abschnitt. Offene Handelsgesellschaft. 3. Titel. 405 
liggt auf der Hand. Die zwei Gesellschafter einer Handelsgesellschaft können außer- 
halb ihrer Eigenschaft als Mitglieder dieser Handelsgesellschaft aus Rechtsgeschäften, 
unerlaubten Handlungen oder unmittelbar kraft Gesetzes als Gesamtschuldner ver- 
pflichtet sein, ja solche Gesamtschuld kann ebenfalls kraft zwingenden Rechtssatzes 
bestehen B. wenn sie Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft oder persönlich 
haftende Mitglieder einer anderen Handelsgesellschaft sind). Hier tritt der Gegensatz 
zuchen Gesellschafts- und Privatvermögen, Gesellschafts= und Privatsphäre scharf 
ervor. 
Schwieriger ist die Konstruktion der im § 128 festgesetzten persönlichen Haf- 
tung der Gesellschafter für Gesellschaftsverbindlichkeiten. Ist die offene Handels- 
esellschaft keine juristische Person, ist die Einheitlichkeit der Firma nur eine äußere 
Usammenfassung der mehreren Gesellschafter, so sind die Verbindlichkeiten der Ge- 
sellschaft nur Verbindlichkeiten der Gesellschafter. Nach § 128 haften die einzelnen 
Gesellschafter somit nicht als Bürgen oder kraft kumulativer Schuldübernahme für 
die Verbindlichkeiten eines Dritten (vgl. O. L.G. Hamburg in O.L.G. Rspr. XXI 
S. 386, R.G. in L.3. 1912 S. 222), denn wofür sie haften, sind eben ihre Ver- 
bindlichkeiten, die sie unter der Gesellschaftsfirmo gemeinsam eingegangen sind. 
Bielmehr haften sie danach nicht bloß mit ihrem Gesellschaftsvermögen, sondern 
auch mit ihrem sonstigen Vermögen, die Gesellschaftsgläubiger sind nicht bloß auf 
die Exekution in das Gesellschaftsvermögen beschränkt, könnten vielmehr auch das 
anze Privatvermögen jedes Gesellschafters zur Befriedigung ihrer Forderung 
frraneder. Die Bedeutung des Satzes ist also eine zwiefache. Einmal zerstört er 
ie Vorstellung daß der rechtliche Vorzug, den die Gesellschaftsgläubiger mit Bezug 
auf das Gesellschaftsvermögen genießen, von einem rechtlichen Nachteil in Bezug 
auf das Privatvermögen der Gesellschafter begleitet ist. Trotz ihrer privilegierten 
Stellung als Gesellschaftsgläubiger bleiben die Gläubiger der Gesellschaft Gläubiger 
der einzelnen Gesellschafter, und da der Schuldner ja ohnehin im Zweifel mit 
seinem ganzen Vermögen haftet, sagt der Satz somit im Grunde nur, daß ein 
Gesellschaftsgläubiger Gläubiger der Gesellschafter ist. Andererseits gibt § 128 
den Gläubigern das unentziehbare Recht, das ganze Vermögen der Gesellschafter 
um Exekutionsobjekt zu nehmen. Diese letztere Seite ist die wichtigere. Eine Ge- 
sellschant ohne jene zwangsweise eintretende Haftung aller Gesellschafter wäre keine 
offene Handelsgesellschaft (R.G.Z. V S. 93). 
Ist dies richtig, so statuiert 5 128, wie Römer (Abhandlungen S. 149ff.) 
und Staub-Pinner (5 128 Anm. 2) mit Recht bemerken, nicht eine gesetzliche 
Haftung der einzelnen Gesellschafter für die Verbindlichkeit eines Dritten (der Ge- 
ellschaft — so die von Kohler a. a. O. vertretene Auffassung, vgl. auch Ritter 
nm. 1 — noch ist es ganz dichtig zu sagen, daß die Gesellschaft einerseits und 
ihre Mitglieder anderetsett im Verhältnis von Gesamtschuldnern zu einander 
stehen (so Behrend). Vielmehr sind Gesamtschuldner nur stets die Gesell- 
schafter und es kommt lediglich hinsichtlich der Vollstreckung darauf an, ob gegen 
sie in ihrer Zusammenfassung als Gesellschaft (gegen die Firma der Gesellschaft) 
oder gegen jeden von ihnen als Individuum geklagt ist, ogl. R.G. bei Holdheim 
08 S. 46 = J.W. 07 S. 712; L. S8. 1912 S. 222. Es liegt eine Mehrheit von 
Ansprüchen gegen die einzelnen Gesellschafter vor. Nur daß diese im ersteren Fall 
durch eine Klage, im letzteren Fall durch mehrere Klagen geltend gemacht werden, 
daß die Gesec after im ersteren Falle stets, im zweiten möglicherweie notwendige 
Streitgenossen sind. Ist gegen die Gesellschaftsfirma ein Urteil erstritten, so ist 
Vollstreckung nur in das Gesellschaftsvermögen, ist gegen sie als Individuen ge- 
klagt, Vollstreckung nur in das Privatvermögen zulässig (s 124 Abs. 2, 129 Abf. 4). 
Hieraus ergeben sich folgende bereits von Staub gezogenen Folgerungen: 
a) Die Verbindlichkeit der Gesellschaft ist ihrem Grunde nach 
eine Verbindlichkeit der Gesellschafter. Haftet die Gesellschaft aus Vertrag, 
4K4T haften die Gesellschafter aus Vertrag, denn sie haben unter der Firma den 
ertrag geschlossen. Lastet auf der Gesellschaft eine gesetzliche Verbindlichkeit, so 
lastet sie auf den Gesellschaftern, denn es sind diese, die als Gesellschaft auftreten. 
Demgemäß haften die einzelnen Gesellschafter auch völlig in materiellrechtlicher 
und Prozessualer Beziehung in Gemäßbheit der von der Gesellschaft eingegangenen 
Verbindlichkeit und bewirken diejenigen Tatsachen, die bei der Gesellschaft nach- 
  
  
Nr. 3.
	        
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