5I 130 (Nr. 1—3). 1. Abschnitt. Offene Handelsgesellschaft. 4. Titel. 415
zerstreute Sätze des B.G.B. zur Anwendung, so die § 732, 733 (aber nicht Abf. 3),
735. Auf das Einzelne ist an den betreffenden Stellen einzugehen. Hier sind
gewisse allgemeine Erörterungen voraufzuschicken.
Drei wichtige Grundbegriffe sind in diesem Titel auseinanderzuhalten:
Auflösung, Fortbestand, Fortsetzung der Handelsgesellschaft.
1. Tflösnng einer offenen Kandelseesellschaft. Unter Auflösung einer offenen Nr. 1.
Handelsgesellschaft versteht das Gesetz die Beendigung der Handelsgesellschaft als
solcher, wie auch das B. G. B., von dessen Terminologie das H. G. B. nicht ab-
weichen will, beide Ausdrücke Promiscue gebraucht (B.G.B. §5 726, 727 Abs. 1).
Gleichgültig ist, ob der Beendigungsgrund mit Willen aller Gesellschafter oder
wider deren en oder auf den Willensentschluß eines von ihnen erfolgt. In
allen Fällen wird der Ausdruck „Auflösung“ gebraucht (vgl. insbesondere § 136).
Mit dem Eintritt des Auflösungsgrundes hört die offene Handelsgesellschaft ohne
weiteres als solche auf. Es gibt an sich keine geschäftsführenden und keine ver-
tretenden Gesellschafter mehr und das Konkurrenzverbot des § 112 greift nicht mehr
Platz (R.O. H. G. V S. 390, VII S. 71, XXI S. 144, vgl. auch B.G. B. § 730
Abs. 2 S. 2). Daraus folgt aber keineswegs, daß nunmehr die frühere Handels-
gesellschaft keine Wirkungen mehr fortäußert, daß sie von einem Zustand reiner
ndividualisierung abgelöst wird, daß insbesondere das Gesellschaftsvermögen in
die Privatsphäre der einzelnen ellschafter eintritt. Schon für die bürgerliche
Gesellschaft ist eine gewisse beschr inkte Fortdauer der alten Gesellschaft auch im
Auflösungsstadium anerkannt, nicht bloß aus dem Gesichtspunkt des Provisoriums
oder des Schutzes des Dritten, dem die Auflösung unbekannt ist (B.G.B. § 729),
sondern geradezu zu den Zwecken der Auseinandersetzung (Liquidationsgesell-
schaft, B.G.B. 8 370 Abs. 2, vgl. Mot. z. Entw. 1 des B.G.B. II S. 626). Um
so mehr hat dies für die offene Handelsgesellschaft zu gelten, die kraft ihrer Firmen-
einheit den Körperschaften näher steht als die bürgerliche Gesellschaft. Was für
rechtsfähige Vereine im B.G.G. B. § 49 Abs. 2 bestimmt ist, daß der Verein bis
zur Beendigung der Liquidation, soweit der Zweck der Liquidation es erfordert,
als fortbestehend gilt, ist nach § 156 für den Fall der Liquidation einer offenen
Handelsgesellschaft gleichfalls angeordnet, ja nach § 158 auch bei anderer Art der
Auseinandersetzung, wenigstens im Verhältnisse zu Dritten, so lange noch unge-
teiltes Gesellschaftsvermögen vorhanden ist (vgl. dazu R.O. H. G. XVI S. 284, 286,
XIX S. 163; R. G. S. V S. 7, XVI S. 3, XXVIII S. 131, welch’ letztere Ent-
scheidung den Schluß zieht, daß der offenen Handelsgesellschaft zustehende Nieß-
brauchsrechte mit der Konkurseröffnung noch nicht erlöschen). Man drückt dies
häufig dahin aus, daß nur die produktive Seite der Gesellschaft aufhöre (Prot.
S. 4543). — Des ferneren ist sogar die Möglichkeit der Rückgängigmachung ge-
*r23 teils mit rückwirkender Kraft, teils ohne solche. — Die Folge der Auflösung
st Auseinandersetzung, sofern nicht Konkurs eröffnet wird *“ 5 730 Absf. 1,
H. G. B. 88 145, 158).
2. Fortbestand der offenen Handelsgesellschaft. Der Fortbestand der offenen Nr. 2.
Handelsgesellschaft bildet den Gegensatz zur Auflösung. Die Gesellschaft bleibt
juristisch bei voller Existenz. Solchen Fortbestand läßt das Gesetzbuch in weiterem
Umfange, als das B. G.B. SsF 736, 737 zu, wenn ein Gesellschafter ausscheidet, vor-
ausgesetzt, daß mindestens zwei Gesellschafter übrig bleiben (§§ 138, 140, 141). Wie
der Eintritt in eine bestehende Gesellschaft keine neue Handelsgesellschaft schafft,
sondern die alte fortbestehen läßt (§ 130), so bleibt trotz Ausscheidens eines Gesell-
schafters die offene Handelsgesellschaft eine fortbestehende: So würde z. B. die
offene H.G. trotz Ausscheidens eines Mitgliedes weiter Mitglied einer G. m. b. H.
bleiben, wie bisher (O. L. G. Frankfurt im Bankarchiv V S. 229). Freilich ist an der
Tatsache nicht zu rütteln, daß das Schuldverhältnis unter den Gesellschaftern bei
Eintritt oder Austritt eines derselben eine Neugestaltung erhält, aber das Gesetz
sieht trotzdem die Handelsgesellschaft in ihrer äußeren Firmeneinheit und mit ihrem
besonderen Gesellschaftsvermögen als fortbestehend an, läßt somit keine Auseinander-
setzung unter den Gesellschaftern eintreten, sondern die Gesellschaft mit dem aus-
scheidenden Gesellschafter sich auseinandersetzen (5 140 Abs. 2, B.G.B. § 738 ff.).
3. Fortsetzung der offenen Handelsgesellschaft. Hier hat die Handelsgesellschaft Nr. 3.
an einem Zeitpunkt bereits geendet. Aber
ie wird kraft vorher oder nachher ge-