Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

§ 149 (Nr. 6—9). 1. Abschnitt. Offene Handelsgesellschaft. 5. Titel. 465 
Der Umstand, daß ein von ihnen neu eingegangenes Geschäft Liquidations- 
wecken dient, wird von dem Gegenkontrahenten oder gar Dritten, die daraus 
echte herleiten, z. B. Wechselindofataren, nicht selten schwer oder gar nicht zu 
erkennen sein, besonders wenn es sich um abstrakte Verpflichtungen, z. B. aus 
Wechselakten, handelt. Doch bleibt es dabei, daß dem, der für sich aus diesen 
Eeschäften Rechte ableitet, bei Bestreiten des Zusammenhangs mit schwebenden 
Geschäften der Beweis obliegt, bei dessen Nichtgelingen er sich weder an die Ge- 
sellschaft noch an die Ceselllchafter, sondern nur an die Liquidatoren als ftalsi 
rocuratores halten kann (R.O. H. G. VIII S. 226, XXI S. 307 ff.), und es ist 
ogisch nicht zu begründen, wenn das R.O. H. G. und mit ihm Staub--Pinner 
Anm. 19 annimmt, daß es genüge, wenn er den ihm obliegenden Erkundigungs- 
pflichten nachgekommen sei und bei Aufwendung aller Sorgfalt zu der Annahme 
des Kausalzusammenhanges gelangen konnte (vgl. Renaud, C. G. S. 564, 565). 
Auch ist im Urkundenprozeß der Zusammenhang als Klage begründende Tatsache 
urkundlich nachzuweisen (a. A. Staub? zu Art. 137 § 8, Behrend §F 82 Anm. 11). 
Doch gelten die obigen Beschränkungen nicht, wenn sämtliche Beteiligte mit dem 
Abschluß des neuen Geschäfts einverstanden sind, sei es, daß sie es selbst als 
Liquidatoren abschließen oder den Abschluß nachträglich genehmigen oder die Voll- 
macht des Liquidators erweitern (Keyßner in Z. X S. 380). Sie beziehen sich 
ferner nur auf Verbindlichkeiten, die der Gesellschaft erwachsen, während es den 
Liquidatoren unbenommen ist, Rechte für die Adwickelungsgesellschaft zu erwerben 
(Busch VIII S. 151). 
7. Sie haben weiter die zur Erhaltung des Gesellschaftsvermögens, z. B. der 
Waren, nach Lage der Dinge erforderlichen Mahregeln zu treffen, wie über- 
haupt das Vermögen zu verwalten (B.G.B. 5 730 Abs. 2). 
ç 8. Unstatthafte Geschäfte. Uber den Zweck der ihnen zugewiesenen Funktionen 
hinaus geht die Begründung neuer Niederlassungen, die Verlegung des 
Sitzes der Gesellschaft, die Anderung der Firma, weil alle diese Akte den Be- 
trieb des Gewerbes zur Grundlage haben. Aber auch die Veräußerung des ganzen 
Geschäfts mit Aktivis und Passivis an einen Dritten oder einen der Gesellschafter 
fällt nicht in den Rahmen ihrer Kompetenz (anders, wie es scheint, R.G. in L.3. 
1913, S. 212= Warneyer 1913 Nr. 160, zweifelnd K.G. in Entsch. F. G. X S. 46), 
denn es ist dem gesetzlichen Liquidationsverfahren gerade die Abwickelung der 
Gesellschaftsverhältnisse im Wege der Klarstellung der Aktiva, Tilgung der Passiva 
und Distribution des Nettovermögens unter die Gesellschafter charakteristisch. Viel- 
mehr müssen die Beteiligten mit solcher Veräußerung einverstanden sein (Puchelt- 
Förtsch z. Art. 137 Anm. 7). Auch die Firma kann der Liquidator nicht ohne 
Zustimmung der Gesellschafter abtreten (F. Meyer in L. . 1910 Nr. 1 S. 60ff.). 
Wohl aber kann er die ganzen Aktiva in Bausch und Bogen verkaufen. Unzulässig 
wäre auch eine Ubertragung der Liquidationsgeschäfte in ihrer Gesamtheit auf ein 
anderes Rechtsubjekt, der Liquidator kann sein Amt nicht abtreten (K.G. in Entsch. 
F. G. X S. 46). 
9. Innerhalb des Rahmens der ihnen so zugewiesenen Aufgaben haben die 
Liquidatoren die Vertretung der Liaqnidationsgesellschaft Privaten wie Behörden 
gegenüber z. B. der Grundbuchbehörde (Legitimation G. B.O. S§ 33 Abs. 2, 35), im 
echtsstreit, wie außerhalb des Rechtsstreits. Einer Spezialvollmacht oder der 
Mitwirkung etwa der Erben des verstorbenen Gesellschafters bedürfen sie insoweit nicht 
(O.L.G. Colmar im Recht 08 Nr. 3690, Bayer. Obst. d. G. ebenda 05 S. 169 Nr. 770). 
Sie sind aber nicht ausschließliche Vertreter, vielmehr können die sämtlichen Gesellschafter, 
einschließlich der Erben, auch an ihrer Statt auftreten (vgl. Renaud, C.G. S. 572 
Behrend S. 571 Anm. 1). Es können somit die sämtlichen Gesell chafter mit 
Zustimmung des beteiligten Gläubigers (im Falle des § 135) Klage erheben, und es 
können sämtliche Gesellschafter als Beklagte auftreten (praktisch, wenn es sich um 
Prozesse gegen die Liquidatoren selbst handelt). Der Prozeßgegner könnte nicht ihre 
Legitimation bestreiten (a. A. O. L.G. Braunschweig im Recht 1910 Nr. 2898— 
O. L. G. Rspr. XXI S. 388). Auf der anderen Seite können die Gesellschafter nicht 
dazu gezwungen werden, selbst aufzutreten. Will auch nur einer der Beteiligten 
daß der Liquidator austritt, so gilt dies. Die Zustellung der Klage hat demnach 
ordnungsmäßig an den Liquidator zu erfolgen. 
Lehmann.King, Handelsgesetzbuch. I. 2. Aufl. 30 
  
Nr. 7. 
Nr. 8. 
Nr. 9.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.