Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

& 2 (Nr. 5—6). 1. Abschnitt. Kaufleute. 41 
Notwendigkeit einer nach kaufmännischen Grundsätzen geordneten Buchführung, der 
Gebrauch einer Firma, die Art der Korrespondenz, der Kassenführung und der 
Zahlungsleistungen!), die Verwendung gewisser Arten von Hilfspersonen u. dgl. 
mehr gewähren genügende Anhaltspunkte.“ (Denkschrift I S. 10, II S. 3144). Der 
diesen äußeren Indizien zugrunde liegende Gedanke ist, daß die Art des gewerb- 
lichen Unternehmens die Anwendung der im H. G. B. für den kaufmännischen Ge- 
chäftsbetrieb aufgestellten Rechtssätze (Abschn. 3—6 des ersten Buches und aus dem 
ritten Buche vornehmlich Abschn. 1) erforderlich macht. Voran steht, ob der Ge- 
schäftsbetrieb nach seiner Art eine geordnete Buchführung, die Aufbewahrung der 
Korrespondenz, wiederkehrende Inventur und Dilan, erheischt (vgl. Schneider -Fick 
1893 S. 934, 935). Die diesbezüglichen Rechtssätze des H. G. B. entspringen der dem 
kaufmännischen Geschäftsbetriebe eigentümlichen, durch Anknüpfung und meist nicht 
sofortige Abwickelung von geschäft chen Beziehungen mit mannigfaltigen Personen 
entstehenden Kompliziertheit des Betriebes. enn § 39 den Kaufmann bei der 
Inventur seine Vermö ensgegenstände genau verzeichnen läßt, wenn § 40 Abs. 3 vor- 
schreibt, daß zweifelhafte Forderungen nach ihrem wahrscheinlichen Wert anzusetzen, 
uneinbringliche Forderungen abzuschreiben sind, so beruhen diese Vorschriften darauf, 
daß bei den geschäftlichen Beziehungen zwischen dem Kaufmann und seinen Kunden 
ein Kreditieren und Debitieren naturale Erscheinung ist. Wo deshalb ein gewerb- 
liches Unternehmen nach seiner Art (nicht nach seinem tatsächlichen Betrieb) folche 
Kredit= und Diethosten ausschließt oder doch zu den Ausnahmefällen macht, wird es 
seiner Art nach kaufmännischen Geschäftsbetrieb nicht erfordern (Johow IX S. 16, K. G. 
in Entsch. F. G. II S. 229: Ausdruschgewerbe, vgl. K.G. in O. L.G. Rspr. II S. 395 und 
VII S. 145, Bayer. Obst. L. G. im Necht 1907, S. 1329 Nr. 3359 = O.L.G. Rspr. XIX 
S. 290). So werden auch in großem Umfang betriebene Tanz. Turn., Schwimmunter- 
richtsanstalten (G.O. § 35), Stellenvermittelungsbureaus häufig eine kaufmännische 
Buchführung nicht erfordern, weil es sich regelmäßig um einmalige, sofort abgelohnte 
Dienste, nicht um dauernde geschäftliche Beziehungen handelt. Dal. K.G. in Entsch. 
F.G. IX S. 33. Das gleiche ¾nl it meist von Erziehungspensionaten (K.G. im Zentralbl. 
II S. 7). Vgl. ferner K.G. in Entsch. F.G. 1 S. 189, O.L.G. Rspr. VII. S. 146 
(Maurermeister) r I1 Berlin bei Sobernheim S. 63: Geschäftsbetrieb eines 
Arztes, der Tubernal herstellt, A. G. Berlin-Mitte bei Sobernheim S. 80: Eine 
Gesellschaft von Rentiers, die 13 Hausgrundstücke auf Spekulation erworben hat, 
deren Verwaltung aber sehr einfach ist; A.G. Neuhaldensleben bei Sobernheim 
S. 91: Hiegeleibeüitzer dagegen Ldg. Stettin ebenda S. 92. Auch der handwerksmäßige 
Betrieb schließt die Anwendung des # 2 aus (ol. bei § 4 Nr. 3 und K.G. in Entsch. 
G. I S. 189 = O. L.G. Rspr. II S. 142, R.G. bei Seuffert LXII Nr. 90, Bayr. 
bst. Odg. in O. L. G. Rspr. XIX S. 290, R.G. in J.W. 07 S. 55 Nr. 19). Die von 
der Denkschrift sonst aufgeführten Momente führen teils auf die obigen zurück (so 
Art der Korrespondenz, Kassenführung, Zahlungsleistungen), teils sind sie erst Folge- 
erscheinungen, insbesondere kann von einem Gebrauch einer Firma erst nach der 
Registrierung gesprochen werden, vorher liegt höchstens ein Geschäftsname vor. 
Praktische Schwierigkeiten werden aus der Formulierung wohl nur dann erwachsen, 
wenn den Gegenstand des Gewerbes Dienst= oder Werkverträge bilden. Ungerecht- 
fertiet ist es, mit Lastig a. a. O. den § 2 auf Gewerbebetriebe zu beschränken, die 
ch aus dem Warenhandel entwickelt haben. 
c) Das konkrete Unternehmen nach seiner besonderen Anlage (R.G. im Recht Nr. 6. 
1903 S. 109 Nr. 592) muß kaufmännischen Geschäftsbetrieb erfordern, d. h. einmal, 
es ist nicht notwendig, daß es wirklich bereits mit geordneter Buchführung betrieben 
wird, denn die Vorschrit soll gerade die einschlägigen Gewerbetreibenden (z. B. Bau- 
unternehmer) zur kaufmännischen Betriebsweise zwingen K.G. in Entsch. F.G. II 
228, K.G. in O.L.G. Rspr. III S. 406, O. L.G. Frankfurt bei Kaufmann III 
S. 7, L. Altona im Zentralbl. 1 S. 679). Und andererseits genügt nicht tatsächliche 
kaufmännische Hrtriebsmeise, wenn das Unternehmen solche nicht erfordert. Eine 
von einem Arzt kaufmännisch betriebene Privatkrankenanstalt unterfällt z. B. nicht 
dem §#2, soweit es sich nicht um ein Gewerbe handelt (K.G. in Entsch. F.G. II 
S. 27). Auch wird der Einwand nicht zugelassen, daß die nötige Ordnung und 
1) Z. B. Girozahlung.
	        
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