Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Zweiter Band. (2)

5252 (Nr. 9—12), 5 253. 3. Abschnitt. Aktiengesellschaft. 3. Titel. 147 
7. Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags. Der Gesellschaftsvertrag kann 
die Bestimmungen und die Form der Ausübung des Stimmrechts im übrigen nor- 
mieren; das heißt unbeschadet der aus dem Gesetz sich ergebenden zwingenden Grund- 
sätze. So kann die Ausübung davon abhängig gemacht sein, daß eine gewisse Zeit 
vor der Generalversammlung die Aktien hinterlegt sind (§ 255 Absf. 2) oder daß 
eine Eintrittskarte gelöst ist 2c. Nicht aber davon, daß der Aktionär die Aktien 
eine gewisse Zeit hindurch hat. Denn dann steht für die Aktie nicht, wie dies ge- 
setzmäßig ist, in jedem Zeitpunkt das Stimmrecht zu Die Hinterlegungsanordnung 
läßt sich hiermit nicht vergleichen, weil hier der Aktionär nur die Folge seiner eige- 
nen Versäumnis, im Fall eines Aktienübergangs nach Ablauf der unbenutzt ge- 
lassenen Hinterlegungsfrist diejenige der Verfäumnis des Rechtsvorgängers trägt 
(so auch Staub--Pinner Anm. 29, dagegen u. a. Esser Anm. 3 d 8 265). Un- 
zulässig ist die Anordnung einer Zwangsvertretung (oben Nr. 5). it Bezug auf 
die Form kann Abstimmung durch Stimmzettel, Aufstehen 2c. verordnet, auch die 
nähere Bestimmung dem Vorsitzenden überlassen werden. Mangels gehöriger Fest- 
stellung entscheiden die für parlamentarische Versammlungen herkömmlichen Regeln 
(Stauwb.inner Anm. 28, über Abstimmung durch Zuruf Makower Anm. II 
zu § 251). 
« 8. Das Recht der Teilnahme an der Generalversammlung (Recht zum Er- 
scheinen und zur Erklärung) ist nicht besonders geregelt; es erscheint als selbstver- 
ständlicher unantastbarer Bestandteil des Mitgliedschaftsrechts. In § 255 Abs. 3 
scheint davon ausgegangen zu sein, daß dieses Recht mit dem Stimmrecht zusammen- 
falle. Richtig ist dies insofern, als, insoweit der Gesellschaftsvertrag die Auslbung 
des Stimmrechts beschränken oder nicht beschränken kann, dasselbe für die Teil- 
nahme an der Generalversammlung gelten muß. Unrichtig insofern, als die Be- 
schränkung in der Ausübung des Stimmrechts durch den Gesellschaftsvertrag nicht 
ohne weiteres eine Beschränkung in der Teilnahme an der Generalversammlung 
nach sich zieht. Es bleibt Auslegungsfrage, wie die erstere Beschränkung in letzterer 
Hinsicht einwirkt. Unrichtig aber auch insofern, als der gesetzliche Ausschluß vom 
Stimmrecht (5 252 Abs. 3) noch nicht den Ausschluß von der Teilnahme an der 
Generalversammlung zur Folge hat (R.G. in J.W. Schr. 1897 S. 112f.). 
9. Die Zulassung unberechtigter und die Nichtzulassung berechtigter Aktionäre 
zum Stimmen macht den betreffenden Generalversammlungsbeschluß anfechtbar 
(dazu Nr. 3 zu § 271). 
10. Alteres Recht. Das alte H.G.B. und das G. von 1870 ließen eine be- 
liebige Regelung des Stimmrechts durch den Gesellschaftsvertrag zu. Das G. von 
1884 traf in Art. 190 Abs. 1 (221) Vorschriften, die im wesentlichen mit § 252 
Abs. 1 übereinstimmen. Nach §F 4 des G. von 1884 sollte Art. 190 Abs. 1 auf die 
bei dem Inkrafttreten des Gesetzes bestehenden und wirksam angemeldeten Gesell- 
schaften nicht anwendbar sein, soweit der Gesellschaftsvertrag zu dieser Zeit andere 
estimmungen enthielt. Damit blieben namentlich die älteren Festsetzungen, wo- 
nach nicht jede Aktie das Stimmrecht gab und das Stimmrecht anders als nach Aktien. 
beträgen ausgeübt wurde, erhalten. Solche Vorschriften mußten auch Aktien treffen, 
die unter Bewahrung des früheren Gesellschaftsvertrags unter der Herrschaft des 
G. von 1884 ausgegeben wurden. Das E. H.G. B. hat keinen entsprechenden Vor- 
behalt gemacht. Bei der zwingenden Natur des §. 252 Abs. 1, der lediglich die 
Gesellschaftsorganisation betrifft, wird auch hier gegen die Denkschrift angenommen 
werden müssen, daß nunmehr fur alle Gesellschaften schlechthin das neue Recht gilt 
(E. B. G. B. Art. 163; a. M. Riesser, Neuerungen S. 150f., 159; O. L.G. Dresden 
in Annalen d. O. L.G. Dresden XXII, 167). Die dem Art. 190 Abs. 2, 3 bis- 
herigen Rechtes entsprechenden Bestimmungen des § 252 Abs. 2, 3 gelten nach 
schon früher nicht bezweifelten Grundsätzen vom 1. Jan. 1900 ab unbedenklich für 
alle Gesellschaften. 
g 2563. 
Die Generalversammlung wird durch den Vorstand berufen, soweit 
nicht nach dem Gesetz oder dem Gesellschaftsvertrag auch andere Personen 
dazu befugt sind. 
10“ 
Nr. 9. 
Nr. 10. 
Nr. 11. 
Nr. 12.
	        
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