Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Zweiter Band. (2)

Nr. 2. 
78 II. Buch. Handelsgesellschaften u. stille Gesellschaft. § 217 (Nr. 1—4). 
Vermögensverteilung wenigstens dahin gesichert, daß das Vermögen insoweit den 
Gläubigern nicht durch Zahlungen an die Aktionäre entzogen werden kann. Nach 
älterem Rechte wurde auch ohne besondere Gesetzesnorm zumeist hieraus hergeleitet, 
daß den Gläubigern bei demgemäß gesetzwidrigen Auszahlungen ein unmittelbarer 
Ersatzanspruch gegen die Aktionäre zustehe (Renaud A. G. S. 671 ff.). Nunmehr 
ist die Haftung der Aktionäre für die Gesellschaftsverbindlichkeiten in Höhe des 
gesetzwidrig Empfangenen ausdrücklich bestimmt. 
2. Der Anspruch steht, wie sich aus Abs. 2 klar ergibt, den Gesellschafts- 
gläubigern unmittelbar gegen jeden Aktionär zu. Jeder Gläubiger einzeln kann 
für seine Forderung den Anspruch geltend machen. Er kann auch die Gesellschaft 
und beliebig viele Aktionäre zugleich verklagen. Nur so lange über das Gesellschafts- 
vermögen Konkurs besteht, nimmt der Konkursverwalter das betreffende Recht für 
alle Gläubiger wahr (Abs. 2, vgl. § 171 Abs. 2). Es handelt sich nicht um einen 
an sich der Gesellschaft gegebenen, den Gläubigern nur zur Ausübung übertragenen 
Anspruch. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob die Gesellschaft ein entsprechendes 
Recht hat oder nicht (Denkschr. S. 3205). Der hier geregelte Anspruch steht nur 
gegen die Aktionäre zu. Nicht gegen Dritte, die ohne rechtlichen Grund von der 
Gesellschaft etwas erlangt haben (dazu B. G.B. 8§ 812 ff.). Der dritte Inhaber 
des Dividendenscheins ist von der Praxis dem Aktionär, für den er empfängt, gleich- 
estellt worden (R.O. H. G. XVIII S. 159, Makower Anm. le, Staub-Pinner 
nm. 1). Der Anspruch bezieht sich auf alle Zahlungen, die der Aktionär von der 
Gesellschaft den Bestimmungen des H. G. B. entgegen empfangen hat. Es ist also 
unerheblich, ob durch die Zahlungen das zur Deckung des Grundkapitals erforder- 
liche Gesellschaftsvermögen beeinträchtigt ist oder nicht (Denkschr. a. a. O.). Beruht 
der Empfang von Dividenden oder anderen Zahlungen auf der Verletzung zwingender, 
in öffentlichem Interesse gegebener Vorschriften des Gesetzes, so ist es ohne Belang, 
ob die Zahlung einem Generalversammlungsbeschluß entspricht oder nicht. Ein 
Anderes muß gelten, wenn die Generalversammlung die Zahlung nur unter Ver- 
letzung sonstiger gesetzlicher Bestimmungen beschlossen hat. Hier ist der Anspruch 
lediglich bei erfolgreicher Anfechtung des Beschlusses gegeben, da mangels solcher 
der Beschluß gültig und die Zahlung auf Grund desselben zur gerechtfertigten wird 
(ogl. Staub-Pinner Anm. 5). Der Anspruch ist nicht subsidiär, er kann auch 
erhoben werden, bevor der Gläubiger sich an die Gesellschaft als eigentliche Schuldnerin 
gehalten hat (anders früher Renaud A.G. S. 672, 677). Im übrigen sind die 
Regeln für die Haftung des Kommanditisten (§ 171) entsprechend anwendbar. Der 
Anspruch unterliegt einer Verjährung von fünf Jahren seit dem Empfang. 
3. Schutz des gutgläubigen Aktionärs. Wegen der Sicherheit des Aktienverkehrs 
(Prot. S. 335 f., 1044) ist im Anschluß an das frühere Recht der Aktionär hin- 
sichtlich dessen geschützt, was er in gutem Glauben als Gewinnanteil und Zinsen 
bezogen hat. Der gute Glaube ist hier die Uberzeugung des rechtmäßigen Empfangs. 
Grobe Fahrlässigkeit schließt den guten Glauben aus (B.G. B. §5 932 Abs. 2). Bei 
Zinsen kann es sich nur um fälschlich als solche bezeichnete Dividende (Prot. S. 336) 
oder um Bauzinsen handeln. Anderweite Zinsen sind verboten (5 215); bei dem Empfang 
lolcher wird also Gutgläubigkeit des Aktionärs nicht in Betracht kommen (a. A. 
G. Z. LXXVII S. 91 fg., welche Entscheidung auf alle Ziusen- die Bestimmung aus- 
dehnt und bona fides auch bei Rechtsirrtum für nicht ausgeschlossen erachtet). Geschützt 
ist der Aktionär, nicht ein Dritter (oben Nr. 2), und er nur, wenn er die Summe als 
Gewinnanteil 2c. bezogen hat und bei diesem Bezug gutgläubig war. Deshalb 
versagt der Schutz auch nach Fälligkeit der Dividende bis zum Bezug und ist guter 
Glaube zur Zeit des Beschlusses über die Gewinnverteilung ohne Belang (R.O. H.G. 
XVIII S. 157). Der Schutz trifft alles, was der Aktionär als Gewinnanteil bezog, 
leichviel ob etwa eine Gewinnverteilung nicht beschlossen war (anders die frühere 
Hoffung) Zur Begründung des Anspruches bedarf es des Nachweises, daß der 
Betrag von dem belangten Aktionär gesetzwidrig ohne guten Glauben empfangen 
ist Pinner Anm. II 4; vgl. Nr. 6 zu § 172; a. M. Makower Anm. 1d). 
4. Haftung gegenüber der Gesellschaft. Ein Anspruch der Gesellschaft gegen 
die Aktionäre auf Erstattung gesetzwidrig empfangener Zahlungen ist nur nach all- 
gemeinen Grundsätzen gegeben (B. G.B. § 812 ff.; vgl. R.O. H. G. XVIII S. 156 f., 
XXIII S. 173, R.G.Z. XIII S. 28 f., XXXII S. 96). Den Anspruch aus § 217 
kann nach der Fassung des Gesetzes die Gesellschaft für sich auch im Interesse der
	        
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