Full text: Modernes Lehrbuch für Deutsche Staatskunde.

unter die Reichs- und Staatsgewalt begründet für den 
Deutschen eine Pflicht zum Gehorsam, aber nur innerhalb 
der Grenzen von Verfassung und Gesetz. Der Staatsbürger 
ist den Behörden nur insoweit Gehorsam schuldig, als 
deren Anordnungen sich auf dem Boden des Gesetzes 
bewegen. 
Natürlich bleibt es jedem unbenommen, mit gesetzmä- 
ßigen Mitteln auf die Abänderung von Gesetzen hinzu- 
wirken; aber solange diese als Gesetze nicht abgeändert 
sind, sind diese zu befolgen. Der Staatsbürger kann die 
Amtshandlungen der Behörden bezüglich ihrer Gesetz- 
mäfßsigkeit vor den gesetzlich verordneten Instanzen und 
im gesetzlich verordneten Verfahren anfechten. (Bazille) 
19.1.2. Gehorsamspflicht für Deutsche auch 
im Ausland. 
Allgemein läßt sich sagen, daß jeder Deutsche der 
Reichsgewalt und der Staatsgewalt seines Heimatlandes 
unterworfen ist, gleichgültig, wo er sich befindet. Auch 
nach dem Verlassen des heimatlichen Bodens bleibt der 
Deutsche der heimischen Staatsgewalt unterworfen, wie 
er ja auch im Ausland den Schutz des Deutschen Reichs 
genießt. Freilich hat er den heimischen Gesetzen und 
Verordnungen nur insoweit zu gehorchen, als dies eben 
tatsächlich möglich ist. Insbesondere gehen die Gesetze 
seines Aufenthaltsstaats denjenigen seines Heimatstaats 
im Falle des Widerstreits vor. (Bazille) 
19.1.3. Gehorsamspflicht für Fremde im 
Staatsgebiet. 
Der Staat legt die Gehorsamspflicht auch Fremden auf, 
welche sich in seinem Gebiete aufhalten, denn sie genießen 
den Schutz und die Wohlfahrtspflege des Staates mit. 
Dieser Zustand beruht faktisch lediglich auf der Tatsache 
des Aufenthaltes im Machtbereich des Staates und hört 
bei Verlassen des Staatsgebiets von selbst auf. Auch bringt 
der Staat diese Macht gegen Fremde nur in beschränktem 
A. Deutsches Staatsrecht. 
Die Pflichten der Reichsangehörigen. | Seite 47
	        
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